Die Zeit läuft ab
Von "Licht und Schatten" spricht Caritas international , das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, wenn man nach den Millenniumszielen fragt. "Deutliche Fortschritte gibt es beispielsweise bei der Bekämpfung extremer Armut", sagt Pressereferent Achim Reinke.
Allerdings sei es schwierig, dies auf das Engagement der Staaten für die Ziele zurückzuführen. "Nehmen Sie China", führt er aus. "Allein durch den allgemeinen Entwicklungsschub im Land ist die Quote extrem armer Menschen im Land bereits gesunken." Wobei das selbstverständlich dennoch erfreulich sei.
Doch obgleich die absolute Zahl der Menschen, die weniger als den Gegenwert von umgerechnet 1,25 US-Dollar pro Tag zum Leben haben, in absoluten Zahlen gesunken sei, wachse die Schere zwischen Arm und Reich innerhalb und zwischen den Ländern, sagt Reinke weiter.
"Der Blick auf die Zahlen zeigt, dass in den Bereichen der Millenniumsentwicklungsziele, die Kinder direkt betreffen, viel erreicht worden ist", sagt Prälat Klaus Krämer, Präsident des Kindermissionswerks "Die Sternsinger" .
Positiv sei, dass mehr und mehr Kinder auf der Welt die Grundschule besuchten sowie die Kinder- und Müttersterblichkeit deutlich zurückgegangen sei. Und dennoch: "Klar ist, dass die ehrgeizigen Ziele bis 2015 nicht erreicht werden", sagt Krämer. Die Anstrengungen besonders für Familien und in den überdurchschnittlich benachteiligten Gebieten in Afrika südlich der Sahara müssten deutlich verstärkt werden.
2015 nur ein Zwischenschritt
Das Jahr 2015, so sind sich die kirchlichen Hilfswerke einig, ist nur ein Zwischenschritt. Für die Zeit danach brauche die Welt eine "grundsätzlich neue Agenda", sagt Klaus Schilder aus der Abteilung Entwicklungspolitik von Misereor.
Konkret bedeutet das unter anderem, die bisherige Agenda mit Aspekten wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Ressourcenschonung zu verbinden sowie aus der Kritik an Millenniumszielen zu lernen – zum Beispiel den oft gehörten Vorwurf, die Ziele seien den Entwicklungs- und Schwellenländern von den Industrieländern vorgeschrieben worden.
Bei den Vereinten Nationen läuft das unter dem Stickwort "Sustainable Development Goals" (Deutsch: "nachhaltige Entwicklungsziele"), die unter anderem auf einem UN-Gipfel im Juni 2012 in Rio de Janeiro ins Spiel gebracht wurden.
Um diese Idee ging es auch am Mittwochnachmittag im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des Bundestags. Experten, darunter auch Klaus Schilder, unterstrichen "die Notwendigkeit einer international breit getragenen Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015", wie es in einer Mitteilung des Ausschusses heißt.
"Wie wir leben können und wollen"
Wie diese konkret aussehen soll, weiß zwei Jahre vor dem Auslaufen der Millenniumsziele aber noch niemand. Nikhil Seth von der UN-Abteilung für nachhaltige Entwicklung bei den Vereinten Nationen warb vor dem Ausschuss beispielsweise für Ausdifferenzierungen. "Wichtig seien nicht Ziele, die für alle Länder gleich seien, sondern differenzierende Ziele, die allerdings für jedes Land gleich verbindlich seien", zitiert die Mitteilung des Ausschusses Seth.
Herausforderungen für die Zukunft seien, so Seth weiter, unter anderem der Klimawandel, ein rasantes Weltbevölkerungswachstum, die Zunahme von Mobilität, der wachsende Mittelstand insbesondere in Asien.
Misereor-Mann Schilder sagte im Gespräch mit katholisch.de, dass alle Länder ihren Beitrag leisten müssen. Thomas Hirsch vom evangelischen Hilfswerk "Brot für die Welt" weist wiederum auf die Rolle der kirchlichen Organisationen hin. Neben Nichtregierungsorganisationen leisteten diese nach wie vor eine fundamentale Arbeit bei der Bekämpfung extremer Armut oder dem Aufbau demokratischer Strukturen rund um den Globus.
Von den Millenniumszielen hin zu den "Sustainable Development Goals" müsse es einen "Quantensprung geben", so Hirsch gegenüber katholisch.de. "Es geht darum, wie wir in Zukunft leben können und wollen."
Von Christoph Meurer