"Beschämend": Scharfe Vorwürfe von missio Aachen gegen Auswärtiges Amt
Das katholische Hilfswerk missio Aachen hat seine Kritik an der Praxis der Visavergabe für junge Menschen aus dem Globalen Süden an deutschen Botschaften bekräftigt und das Auswärtige Amt aufgefordert, "die gängige diskriminierende Praxis" durch die Auslandsvertretungen zu beenden. Anlass für die erneute Forderung sei die endgültige Verweigerung von Visa für sieben junge Menschen aus der missio-Partnerorganisation YOUNIB in Kenia durch die deutsche Botschaft in Nairobi, teilte das Hilfswerk am Donnerstag mit. Die jungen Menschen seien zum bundesweiten Auftakt des Monats der Weltmission an diesem Wochenende in Dresden eingeladen gewesen und hätten nach weiteren Begegnungen in Deutschland wieder zurück in ihre Heimat fliegen wollen.
"Wir hatten in den vergangenen Tagen ein Gespräch mit Botschafter Sebastian Groth und haben neu angeforderte Dokumente sofort nachgereicht. Dennoch wurde uns nun die endgültige Ablehnung der Visa mitgeteilt", sagte der Präsident von missio Aachen, Pfarrer Dirk Bingener. Offensichtlich sei es aufgrund der Bestimmungen aus Berlin nicht möglich gewesen, anders zu entscheiden. Es handle sich also um eine politische Frage. "Das Auswärtige Amt unter der Leitung von Annalena Baerbock möchte keine jungen, vermeintlich armen Gäste aus Afrika und macht das auch unmissverständlich deutlich. Das beschämt mich", so Bingener. Und weiter: "Die jungen Menschen aus Kenia erfahren so: Dir kann man nicht trauen, wir wollen Dich hier nicht, trotz aller Garantien."
Bingener äußerte die Vermutung, dass es sich bei den verweigerten Visa für die Jugendlichen aus Kenia nur um "die Spitze des Eisbergs" handle. "Wir haben in den letzten Tagen eine Reihe von Rückmeldungen von Organisationen aus Deutschland erhalten. Sie mussten in den vergangenen Jahren ähnliche Erfahrungen mit deutschen Botschaften im globalen Süden machen", sagte der Präsident des Hilfswerks.
Jugendlichen wird Einreise verwehrt
Das bestätigte die Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Lena Bloemacher: "Während deutsche Jugendliche in andere Nationen meist ohne Schwierigkeiten einreisen dürfen, erleben wir es immer wieder, dass ausländischen Jugendlichen, besonders aus afrikanischen Ländern, die Einreise nach Deutschland verwehrt bleibt." Oft werde den Betroffenen eine mangelnde Rückreisewilligkeit in ihre Heimatländer unterstellt. Sie habe in diesem Sommer etwa erlebt, dass kenianischen Jugendlichen die Einreise zu einer Jugendbegegnung nach Deutschland verweigert worden sei, obwohl ein Einladungsschreiben des Entwicklungsministeriums und der Initiative Engagement Global vorgelegen habe, die im Auftrag der Bundesregierung solche Besuchsprogramme koordiniere.
Der Generalvikar des Bistums Dresden-Meißen, Andreas Kutschke, zeigte sich in einer Reaktion "riesig enttäuscht", dass sein Bistum die jungen Gäste aus Kenia nicht wie geplant zum Auftakt des Monats der Weltmission empfangen dürfe. Er wisse aus eigener Erfahrung, wie wichtig der persönliche Austausch für Christinnen und Christen weltweit sei. "Wir versuchen Brücken zu bauen und hier werden Grenzen errichtet", betonte Kutschke.
Missio Aachen hatte Mitte September erstmals auf die seiner Ansicht nach diskriminierende Visavergabe gegenüber jungen Afrikanerinnen und Afrikanern an deutschen Botschaften in Kenia und Nigeria hingewiesen. Das Auswärtige Amt wies die Vorwürfe des Hilfswerks damals in einer Stellungnahme zurück. "Die deutschen Auslandsvertretungen entscheiden über Schengen-Visaanträge in jedem Einzelfall nach Maßgabe der geltenden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften und sorgfältiger Prüfung aller Umstände. Wir können Ihnen versichern, dass keine anderen als rein rechtliche Vorgaben eine Rolle spielen bei der Entscheidung über einen Visumantrag", hieß es aus dem Ministerium. Insbesondere sei das Alter der antragstellenden Person kein Entscheidungskriterium. (stz)