Pater Christoph Kreitmeir über das Sonntagsevangelium

Das verkannte Heilmittel

Veröffentlicht am 08.10.2022 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 
Ausgelegt!

Ingolstadt ‐ Die Anspruchshaltung durchzieht unsere Gesellschaft – und das heutige Evangelium. Während Lob oft unausgesprochen bleibt, werden für Beschwerden keine Mühen gescheut. Ginge es auch anders? Pater Christoph Kreitmeir gibt Einblick in verwandelnde Schritte mitten im Klinikalltag.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Impuls von Christoph Kreitmeir

"Wie sagt man?", so lehrte mich meine Mutter "Danke" zu sagen. Dies ist lange her. Es gab einmal eine Zeit, wo Eltern ihren kleinen Kindern beibrachten, sich zu bedanken, wenn man etwas geschenkt bekam. Heute erlebe ich das kaum noch. Irgendwie scheint das "Danke-sagen" aus der Mode gekommen zu sein.

Im heutigen Evangelium zeigt sich Jesus darüber verwundert, dass von zehn vom Aussatz Geheilten nur einer zurückkam und sich bei Jesus für seine Heilung bedankte. Und dieser war obendrein von einer ganz anderen Glaubensrichtung. Die Tendenz zum selbstverständlichen Hinnehmen ohne ein "Danke-schön" oder ein "Vergelt´s Gott" gab es also auch schon vor 2000 Jahren.

In der Klinik, wo ich als Seelsorger und Priester arbeiten darf, gibt es auch diese verschiedenen Gruppen von Kranken. Die einen, die in jedem Gespräch mit Ärzten und Pflegenden immer einen Ton der Forderung und des "Ich habe ein Recht darauf" anklingen lassen. Und die anderen, die für jede Aktion, die ihnen gemacht wird, dankbar sind und auch ihre Dankbarkeit zeigen.

In unserer Klinik gibt es auch ein patientenorientiertes Lob- und Beschwerdemanagement, das rege genutzt wird. Ein Gespräch mit der zuständigen Verantwortlichen zeigte mir, dass die Zahl der Beschwerden die der positiven Rückmeldungen bei weitem übersteigt. Sicherlich gibt es da immer wieder berechtigte Gründe, aber ich meine auch hier feststellen zu können, dass der Zeitgeist von heute mit seiner Anspruchshaltung, seinen Forderungen gepaart mit Undank und dem Drohen von rechtlichen Schritten verstärkt um sich greift.

Gefahr erkannt – Gefahr gebannt!

Als Seelsorger ermuntere ich immer wieder Patientinnen und Patienten, ihre Dankbarkeit – und die gibt es – nicht für sich zu behalten, sondern sie niederzuschreiben, Schwestern, Pfleger, Ärzte und Ärztinnen auch namentlich zu erwähnen und genau an diese Stelle, ja sogar an die Geschäftsführung zu schicken. Nicht alle folgen meinem Impuls, aber doch einige.

Dadurch verändert sich im Kleinen die Stimmung und auch die Motivation der im ärztlichen oder pflegerischen Dienst Tätigen zum Besseren. Ich bin der festen Überzeugung: Man kann nicht genug loben. Man kann nicht genug danken. Wir müssen unsere innere Wahrnehmung wieder in diese Richtung schulen und danach handeln.

Denn: Wer dankt, denkt weiter. Dankbarkeit ist ein Therapeutikum gegen Unzufriedenheit. Dankbarkeit weitet den Blick, verbessert das Sozialklima und schenkt innere Zufriedenheit und Weite, die sogar gesundheitsförderlich sind.

Evangelium nach Lukas (Lk 17,11–19)

Es geschah auf dem Weg nach Jerusalem: Jesus zog durch das Grenzgebiet von Samárien und Galiläa.

Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns! Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern!

Und es geschah: Während sie hingingen, wurden sie rein. Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaríter.

Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.

Der Autor

Der Franziskanerpater Christoph Kreitmeir arbeitet in der Klinikseelsorge am Klinikum Ingolstadt, in der Erwachsenenbildung und bei Lebenshilfesendungen im Radio Horeb.

Ausgelegt!

Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Wie für jeden Tag gibt es in der Kirche auch für jeden Sonntagsgottesdienst ein spezielles Evangelium. Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bietet katholisch.de nun "Ausgelegt!" an. Darin können Sie die jeweilige Textstelle aus dem Leben Jesu und einen Impuls lesen. Diese kurzen Sonntagsimpulse schreibt ein Pool aus Ordensleuten und Priestern für uns.