Bistumsübergreifender Online-Gottesdienst will Familien verbinden
Die Gemeindereferentin Sylvia Neumeier ist Referentin für Liturgie mit Kindern und Familien in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Gemeinsam mit fünf Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bistümern bereitet sie einen bistumsübergreifenden Online-Gottesdienst für Familien vor. Im katholisch.de-Interview spricht sie über das gemeinsame Gebet vor dem Bildschirm und erklärt, warum das keine Konkurrenz zu Gottesdiensten in den Gemeinden ist.
Frage: Frau Neumeier, am kommenden Sonntag feiern Sie einen bistumsübergreifenden Online-Gottesdienst für Familien. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Neumeier: Beim Katholikentag in Stuttgart hatten wir einen Workshop zu digitalen Gottesdiensten für Kinder und Familien. Dabei haben wir festgestellt, dass es eine Bereicherung ist, online miteinander als Familie Gottesdienst zu feiern – gerade dann, wenn man sich in einer Videokonferenz trifft und miteinander interagieren kann. Ganz oft gibt es im Bereich von Kindergottesdiensten vorproduzierte Videos, die Kinder sich dann auf YouTube anschauen können. Das wollten wir anders machen. So ist eine Projektgruppe aus mehreren Diözesanverantwortlichen für Liturgie mit Kindern und Familien in den deutschen (Erz-)Bistümern entstanden.
Frage: Was ist Ihre Idee?
Neumeier: Unser Gedanke ist, dass Familien sich an diesem Sonntag gemeinsam Zeit nehmen und sich online treffen, um miteinander Gottesdienst zu feiern und verbunden zu sein mit vielen anderen Familien in ganz Deutschland und vielleicht auch außerhalb davon. So haben auch Familien, bei denen am Sonntag vielleicht kein Familiengottesdienst stattfindet, bei denen jemand krank ist oder nicht aus dem Haus kommt, auch die Chance auf die gemeinsame Feier.
Frage: Viele klagen ja aktuell darüber, dass seit Beginn der Corona-Pandemie trotz Lockerungen immer weniger Menschen in die Präsenz-Gottesdienste gehen. Warum machen Sie trotzdem ein Online-Format?
Neumeier: Es soll keine Konkurrenz zu den Gottesdiensten vor Ort in den Gemeinden sein. In vielen Gemeinden ist der Gottesdienstbesuch seit der Corona-Pandemie rückläufig – auch im Bereich der Kinder- und Familiengottesdienste. Deswegen feiern wir diesen Gottesdienst auch nicht an einem kirchlichen Hochfest wie zum Beispiel Weihnachten, Karfreitag oder Erntedank, zu dem in den allermeisten Pfarreien ein Familiengottesdienst geplant wird. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass bei solchen Online-Gottesdiensten die Beteiligung der Familien höher sein kann, weil man innerhalb der Familie miteinander über den Glauben ins Gespräch kommt und den Sonntag feiert.
Frage: Nehmen Sie wahr, dass die Hürde gerade für kirchlich nicht so gebundene Menschen geringer ist, an so einem Gottesdienst im eigenen Wohnzimmer teilzunehmen?
Neumeier: Wenn unser Angebot Familien erreicht, die sich außerhalb der engen kirchlichen Blase oder dem Gemeindekontext bewegen, dann ist das toll und sicher einfacher, von zu Hause aus daran teilzunehmen. Wenn eine Familie zum Beispiel einen Säugling zu Hause hat, mit dem es sonst schwierig ist, in einen Gottesdienst zu gehen, weil nicht alle rechtzeitig fertig werden, oder weil gerade Stillzeit ist oder weil das kleine Kind viel weint, dann ist es natürlich einfacher, im Online-Gottesdienst das Mikrofon abzuschalten und trotzdem mitzufeiern.
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Frage: Wie läuft die Feier ab?
Neumeier: Aufgebaut ist der Gottesdienst wie eine Familienwortgottesfeier in der Gemeinde: Wir werden miteinander singen, es wird Bewegungen zu den Liedern geben und wir wollen ein Dankgebet über den Chat sprechen. Außerdem soll das Sonntagsevangelium in kindgerechter Sprache verkündet werden. Anschließend gibt es eine aktive Familienzeit, in der alle kurz ihren Bildschirm ausmachen und sich in der Familie unterhalten können. Ich denke, das ist eine große Chance, dass Familien miteinander über die Bibelstelle und ihren Glauben ins Gespräch kommen. Gemeinsam dürfen sie außerdem etwas malen und es nach dieser Zeit in die Kamera halten und allen zeigen. Zum Schluss verbinden wir uns mit der Segensschnur und verlassen so gesegnet den digitalen Raum.
Frage: Es ist also schon interaktiver gedacht als in anderen Gottesdiensten.
Neumeier: Genau das ist eine Chance von Gottesdiensten, bei denen man am Bildschirm miteinander verbunden ist und beispielsweise auch im Chat schreiben kann. Die Kinder können dann zum Beispiel im ganzen Haus nach Gegenständen mit Sternen suchen, wenn es um Abraham geht, der in den Sternenhimmel schaut. In der Kirche kann man schlecht sagen: Lauft alle mal los und sucht etwas.
Frage: Diese Online-Gottesdienste sollen viermal im Jahr stattfinden. Was ist der Gedanke dahinter, so ein regelmäßiges Angebot zu schaffen?
Neumeier: Die Kirche muss die eigenen Mauern verlassen und auch an andere Orte gehen – die können auch digital sein. Je nach Resonanz wollen wir das Angebot weiterführen. Aktuell haben sich schon rund 40 Familien angemeldet. Das ist eine super Sache, da sind die Kacheln in der Videokonferenz schon gut gefüllt. Einige Familien haben sich auch gemeldet und Interesse bekundet, gehen aber doch lieber in den Familiengottesdienst vor Ort. Bei nächsten Mal wollen sie aber versuchen, dabei zu sein. Daran merkt man, dass der Online-Gottesdienst nicht unbedingt eine Konkurrenz zur Gemeinde vor Ort ist – vielleicht aber eine Anregung, vor Ort die Beteiligung und Mitfeier von Kindern im Gottesdienst wieder mehr in den Blick zu nehmen und Familien mit Kindern willkommen zu heißen.
Anmeldung für den Online-Familiengottesdienst
Der Online-Familiengottesdienst findet am 16. Oktober um 10.30 Uhr über die Videokonferenz-Plattform Zoom statt. Das Angebot richtet sich an Familien mit Kindern im Kindergarten- oder Grundschulalter. Interessierte können sich per E-Mail an online-familiengottesdienst@liturgie.de anmelden. Nach der Anmeldung folgt eine Bestätigung. Die Zugangsdaten und eine kleine Materialliste für den Gottesdienst werden wenige Tage vorher verschickt. Die Termine der Online-Familiengottesdienste und weitere Infos finden sich immer unter www.kindergottesdienst-katholisch.de.