Nach Aufruf der Klimaschutzaktivisten an kirchliche Mitarbeiter

Misereor äußert Verständnis für Aktionen der "Letzten Generation"

Veröffentlicht am 25.10.2022 um 12:19 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Die Klimaproteste der "Letzten Generation" sind stark umstritten. Misereor hat jetzt jedoch Verständnis für die Aktionen geäußert. Einen am Sonntag veröffentlichten Aufruf der Gruppe an kirchliche Mitarbeiter unterstützt das Hilfswerk aber nicht.

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Das katholische Hilfswerk Misereor hat Verständnis für die Protestaktionen der Klimaschutzaktivisten der "Letzten Generation" geäußert. "Wir finden wichtig, dass die tatsächlichen Veränderungen in einem demokratischen Rechtsstaat durch gesellschaftliche Mehrheiten herbeigeführt werden. Die Aktivist*innen der 'Letzten Generation' sehen wir als Teil der breiten und vielfältigen Klimabewegung in Deutschland, in der unterschiedliche Handlungsansätze für unser gemeinsames Anliegen, globale Klimagerechtigkeit zu stärken, gewählt werden", sagte die Leiterin der Abteilung "Politik und globale Zukunftsfragen" bei Misereor, Kathrin Schroeder, am Dienstag in Aachen auf Anfrage von katholisch.de.

Zugleich äußerte sich Schroeder "sehr besorgt" darüber, mit welchen Aggressionen die Aktivisten derzeit auf der Straße und in den sozialen Netzwerken konfrontiert seien – "denn bisher waren die Aktivitäten, die wir wahrgenommen haben, friedlich und gewaltfrei". Der entschlossene Kampf für mehr Klimagerechtigkeit sei auch für Misereor ein zentrales Thema und für viele Mitarbeitende des Hilfswerks eine Herzensangelegenheit. Dennoch erklärte Schroeder, dass Misereor den am Sonntag veröffentlichten Aufruf der "Letzten Generation" an kirchliche Mitarbeiter, die Aktionen der Gruppe aktiv zu unterstützen, nicht mittrage. Man könne den Aufruf zwar "gut verstehen", wolle ihn sich aber nicht zu Eigen machen. Die Teilnahme von Mitarbeitern an Kundgebungen für Klimagerechtigkeit werde von Misereor grundsätzlich inhaltlich unterstützt, sie finde allerdings in der eigenen Freizeit statt. "Eine Teilnahme an solchen Veranstaltungen im Rahmen der Arbeitszeit war und ist nicht vorgesehen", so Schroeder wörtlich.

Bei Twitter: Aktivisten rufen Kirchenmitarbeiter zur Unterstützung auf

Die "Letzte Generation" hatte kirchliche Mitarbeiter am Sonntag dazu aufgerufen, ihre Protestaktionen für einen konsequenten Klimaschutz zu unterstützen. Man suche Menschen in kirchlichen Berufen, "die sich mit dem zivilen Widerstand für Klimagerechtigkeit und gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen solidarisch zeigen wollen", schrieb die Gruppe auf Twitter. Es sei wichtig, dass sich die Kirchen "klar gegen das fossile Weiter-so und für Klimagerechtigkeit positionieren" und sich schützend, barmherzig und solidarisch hinter die Menschen stellten, die jetzt schon am meisten von den Auswirkungen der Klimakatastrophe betroffen seien.

Ein afrikanischer Bauer mit einem Eselskarren in der Wüste.
Bild: ©KNA (Symbolbild)

Misereor erklärte, man wisse aus den Ländern der eigenen Partnerorganisationen, dass sich die Klimakrise verschärfe und armgemachte Bevölkerungsgruppen mit besonderer Härte treffe.

Die "Letzte Generation" sorgt seit Anfang des Jahres mit Straßenblockaden und anderen Protestaktionen in vielen deutschen und europäischen Städten für Aufsehen, kontroverse Debatten und Polizeieinsätze. Die meist jungen Aktivisten der Gruppe sehen sich selbst als Teil der letzten Generation, die den drohenden Klimakollaps noch verhindern kann. Wiederholt haben sich Mitglieder der Gruppe zuletzt auch an weltberühmten Kunstwerken festgeklebt, darunter am Rahmen der "Sixtinischen Madonna" in Dresden und an der Laokoon-Gruppe in den Vatikanischen Museen. Von einzelnen Kirchenvertretern hatte die Gruppe in den vergangenen Monaten bereits Unterstützung erfahren, der wohl bekannteste kirchliche Unterstützer der "Letzten Generation" in Deutschland ist der Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt.

Caritasverband äußert sich nicht direkt zum Aufruf der "Letzten Generation"

Schroeder sagte, Misereor wisse aus den Ländern der eigenen Partnerorganisationen, dass sich die Klimakrise verschärfe und armgemachte Bevölkerungsgruppen mit besonderer Härte treffe. Man verstehe das Anliegen der "Letzten Generation" so, dass in der Öffentlichkeit und bei politischen Entscheidungsträgern mehr Verständnis geweckt werden müsse für die Dringlichkeit von Klimaschutz und der Linderung von klimabedingten Verlusten und Schäden. "Dazu gehört in einem emissionsintensiven Land wie Deutschland auch, dass sich unser Alltag ändern muss – weg von der übermäßigen Nutzung fossiler Energieträger und natürlicher Ressourcen", so die Expertin.

Der Deutsche Caritasverband wollte sich gegenüber katholisch.de nicht direkt zu dem Aufruf der "Letzten Generation" äußern. Allerdings wies der Sozialverband darauf hin, dass er sich auf verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Ebenen "in vielfältiger Weise und seit Jahren für eine sozial gerechtere Klimapolitik" einsetze und sich klar hinter den Menschen positioniere, die schon jetzt massiv unter der Klimakrise litten. "In Statements, Interviews, Fachbeiträgen oder als Mitglied der Klima-Allianz machen wir auf die dramatische Situation, gerade auch im Hinblick auf den globalen Süden, aufmerksam, erklären Zusammenhänge und unterschützen diverse Nachhaltigkeitsprojekte im In- und Ausland", erklärte eine Sprecherin. Die Entwicklungen und Debatten zum Klimawandel innerhalb der Gesellschaft und der Politik beobachte man aktuell sehr intensiv. (stz)