"Spürbar mehr Mitentscheidungsmöglichkeiten" für Kirchenmitglieder

Münchner Finanzdirektor plädiert für Reform der Kirchensteuer

Veröffentlicht am 02.11.2022 um 15:16 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Egal, wie stark sie kirchlich verwurzelt sind: Kirchensteuerzahler sollten nach Ansicht des Finanzdirektors des Münchner Erzbistums bei der Verwendung der Mittel "spürbar mehr" mitentscheiden. Eine Abschaffung der Kirchensteuer sei der falsche Weg.

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Der Finanzdirektor des Erzbistums München und Freising, Markus Reif, plädiert für eine Reform der Kirchensteuer. Kirchenmitglieder sollten "spürbar mehr Mitentscheidungsmöglichkeiten" bei der Verwendung der Mittel erhalten, schreibt Reif in der Zeitschrift "Stimmen der Zeit". Dabei sollten auch Menschen beteiligt werden, die nur lose mit der Kirche verbunden seien. Dies "wäre wahrscheinlich mühevoll, womöglich aber die im eigentlichen Wortsinn gewinnbringendere Lösung als deren Abschaffung".

In seinem Aufsatz zeigt sich Reif "irritiert" darüber, dass die Kirchen die Kirchensteuer selten öffentlich zum Thema machen. Angesichts ihrer Bedeutung als mit Abstand wichtigste Ertragsquelle der Kirchen wirke das "wenig selbstbewusst". Bisweilen auch innerkirchlich erhobene Forderungen nach einer Abschaffung wirkten auf ihn "etwas populistisch", schreibt Reif. "Solange es keine nachweisbar gleichwertige Alternative dazu gibt, müssen solche Forderungen für Menschen, die in kirchlichen Einrichtungen in Deutschland oder in der Welt Unterstützung und Hilfe finden oder dort mitarbeiten, leichtfertig oder sogar verantwortungslos erscheinen."

Einen Umstieg auf eine andere Finanzierung, etwa durch Spenden, Mitgliedsbeiträge oder eine Kultursteuer nach italienischem Vorbild sieht Reif skeptisch. Spenden machten abhängig, eine staatliche Kultursteuer bedeutete letztlich eine Staatsfinanzierung der Kirchen, Mitgliedsbeiträge ließen sich kaum gerecht nach der jeweiligen Leistungsfähigkeit staffeln.

Echte Steuer habe großen Vorteil

"Der große Vorteil einer echten Steuer ist ihr solidarischer Charakter, der keine individuellen Gegenleistungen und Einflussnahmen vorsieht und konsequent angewandt auch nicht zulässt", so der Finanzdirektor. Für diese Vorzüge sollten die Kirchen bei ihren Mitgliedern stärker werben.

Der Staat lasse sich den Einzug der Kirchensteuer durch Gebühren von rund 190 Millionen Euro mehr als kostendeckend bezahlen, schreibt Reif. Von daher greife der Vorbehalt nicht, dass die Erhebung der Kirchensteuer durch die staatliche Finanzverwaltung die Kirchen privilegiere. Zudem könnten auch andere Religionsgemeinschaften diese staatliche Dienstleistung nutzen.

Die katholische Kirche hatte 2021 bundesweit insgesamt 6,73 Milliarden Euro aus Kirchensteuern eingenommen, trotz Rekord-Mitgliederverlusts und Corona-Pandemie war das der zweithöchste jemals gemessene Wert (2019: 6,76 Milliarden Euro); die evangelische Kirche nahm rund 6 Milliarden Euro ein. Bei einer repräsentativen Umfrage des Insa-Instituts im Auftrag der "Bild"-Zeitung sprachen sich kürzlich 67 Prozent der befragten Bundesbürger für eine Abschaffung der Kirchensteuer aus. (tmg/KNA)