Pater Philipp König über das Sonntagsevangelium

Was kommt nach dem Tod?

Veröffentlicht am 05.11.2022 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 
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Frankfurt am Main ‐ Auch wenn der Glaube an die Auferstehung schwindet: Dieses Thema lässt niemanden kalt – spätestens am Grab eines geliebten Menschen. Pater Philipp König hört bei Jesu Worten über den Tod genauer hin und entdeckt eine Kraft, die das Leben verändert.

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Der Monat November ist dem Gedächtnis unserer Verstorbenen gewidmet. Viele gehen in diesen Wochen zum Friedhof und besuchen die Gräber ihrer Liebsten. Dabei kommen ganz unterschiedliche Gefühle hoch: Trauer über den Verlust geliebter Menschen, Dankbarkeit für das gemeinsam Erlebte, Wut und Enttäuschung wegen so mancher verpassten Gelegenheit… Dabei schwingt immer die leise Frage mit: Wie wird es den Toten wohl jetzt ergehen? Bekommen sie etwas von uns mit? Oder sind sie einfach weg?

Bilder vom Jenseits

Solche Fragen kann in diesem Leben natürlich niemand abschließend beantworten. Regelmäßig werden Nahtodererfahrungen berichtet, die sich auf verblüffende Weise ähneln, sogar über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg. Viele spüren die tiefe Verbindung mit ihren Angehörigen auch über den Tod hinaus und verleihen dem in Werken der Kunst Ausdruck. Mich tröstet die Hoffnung, dass es den Verstorbenen jetzt bessergeht, dass sie wieder vereint sind mit ihren Lieben. Die konkrete Vorstellung, dass meine Großeltern jetzt wieder gemeinsam am Kaffeetisch sitzen und dass meine Tante in Ruhe ihre Lieblingszigaretten raucht... Oft bleibt aber auch bei mir ein großes Fragen ob der Seinsweise der Verstorbenen, und keine noch so tröstliche Vorstellung hilft darüber hinweg.

Das Revolutionäre des Auferstehungsglaubens

Die Auferstehung der Toten ist der Dreh- und Angelpunkt unseres Glaubens, wurzelt sie doch in der Auferstehung Jesu selbst. Auch wenn immer weniger Deutsche (Kirchenmitglieder nicht ausgenommen!) an eine Auferstehung glauben, lässt uns das Thema doch nicht kalt, spätestens wenn wir am Grab eines geliebten Menschen stehen. Der Glaube an ein Leben nach dem Tod hat Sprengkraft, lässt er doch das irdische Leben in einem ganz anderen Licht erscheinen. Menschen gestalten ihr Leben anders, wenn sie Aussicht auf ein Leben im Jenseits haben.

Das wussten auch die Sadduzäer zur Zeit Jesu, die eine Auferstehung der Toten ablehnten. Ihr Status war eng von der Gunst der herrschenden Römer abhängig und daher war ihnen keineswegs daran gelegen, die bestehenden Verhältnisse irgendwie infrage zu stellen. So ist auch ihr konstruiertes Beispiel mit der Frau und ihren sieben Ehemännern mitnichten eine ernstgemeinte Frage, sondern vielmehr der Versuch, Jesus und mit ihm den Glauben an die Auferstehung ins Lächerliche zu ziehen. Jesus geht ihnen jedoch nicht auf den Leim, sondern er entkräftet ihre Argumentation, indem er ihnen auf einer ganz anderen Ebene antwortet: Im Himmel wird nicht mehr geheiratet, die Verstorbenen sind den Engeln gleich und Kinder Gottes. Ihr Sein entzieht sich sowohl unseren diesseitigen Vorstellungen als auch der patriarchalen Logik der Sadduzäer.

Jesu Botschaft vom Leben übertrifft all unsere Vorstellungen

Für Jesus ist klar: Die Toten werden auferstehen! Entscheidend ist dabei nicht, dass dies in menschliche Kategorien passt, sondern allein die Tatsache, dass sie für Gott leben! Das Leben nach dem Tod ist also keine bloße Verlängerung des Lebens hier auf der Erde, sondern von ganz neuer Realität und Seinsweise, kaum vorstellbar oder in Bildern zu greifen. Unser Glaube an die Auferstehung hat etwas Revolutionäres! Diese Gewissheit hilft auch mir, wenn meine Unsicherheit über das Ergehen unserer Verstorbenen allzu groß wird und mir die vertrauten Bilder und Vorstellungen nicht mehr helfen wollen.

Aus dem Evangelium nach Lukas (Lk 20,27–38)

In jener Zeit kamen einige von den Sadduzäern, die bestreiten, dass es eine Auferstehung gibt, zu Jesus und fragten ihn:

Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen verschaffen.
Nun lebten einmal sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, starb aber kinderlos. Da nahm sie der zweite, danach der dritte und ebenso die anderen bis zum siebten; sie alle hinterließen keine Kinder, als sie starben. Schließlich starb auch die Frau. Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt.

Da sagte Jesus zu ihnen: Die Kinder dieser Welt heiraten und lassen sich heiraten. Die aber, die gewürdigt werden, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, heiraten nicht, noch lassen sie sich heiraten. Denn sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und als Kinder der Auferstehung zu Kindern Gottes geworden sind.

Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Ísaaks und den Gott Jakobs nennt. Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn leben sie alle.

Der Autor

Pater Philipp König gehört dem Dominikanerorden an und arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Patristik und Antikes Christentum an der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt/Main. Außerdem ist er als Postulatsleiter in der Ordensausbildung tätig.

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