Kardinal Marx äußert Verständnis für Klimaproteste
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx kann verstehen, dass junge Menschen den Rahmen des rechtsstaatlich Möglichen für Klimaproteste "sehr weit ausschöpfen". Sie wollten damit sichtbar machen, "dass wir an einem Wendepunkt stehen", sagte Marx am Samstag beim Festgottesdienst in Freising anlässlich der traditionsreichen Jugendkorbinianswallfahrt.
Der Erzbischof von München und Freising erinnerte dabei an die "sehr starke", ihn bewegende Botschaft des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (UN), Antonio Guterres. Dieser hatte zum Auftakt der UN-Vollversammlung gesagt: "Wir stehen am Rande des Abgrunds." Damit habe er die internationale Gemeinschaft zu mehr gemeinsamen Engagement gegen die Klimakrise auffordern wollen.
"Auch wenn es manchmal laut ist und die Erwachsenen nervt"
Gerichtet an die junge Menschen sagte Marx, diese seien "die Zukunft der Welt und auch die Zukunft der Kirche". Ihre "Impulse der Hoffnung und die Impulse des Engagements" würden gebraucht, "auch wenn es manchmal laut ist und die Erwachsenen nervt – das dürft ihr, das müsst ihr vielleicht sogar", so Marx. Er zeigte sich überzeugt: "Wo sollte es sonst herkommen, wenn nicht die Jugendlichen es tun, diese Erinnerung daran: Denkt doch an den ganzen Planeten!"
"Lasst Euch nicht entmutigen durch noch so viele Ereignisse, die uns nach unten ziehen, immer wieder von Neuem", forderte der Kardinal die Jugendlichen auf und bekannte: "Ich glaube, dass die Hoffnung, die uns geschenkt ist, größer ist." Christinnen und Christen seien "Menschen der Hoffnung", so Marx, der den Anwesenden für ihr Mittun dankte. Die Jugendkorbinianswallfahrt bildet den Auftakt zur Korbinianswoche im Erzbistum München und Freising, die dieses Jahr bis 19. November begangen wird. Im Anschluss an den Gottesdienst wurde im Domhof das 80-jährige Bestehen der Jugendkorbinianswallfahrt gefeiert. Der heilige Korbinian, der im achten Jahrhundert als Wanderbischof den christlichen Glauben in Altbayern verkündete und um 730 in Freising starb, ist der Patron des Erzbistums München und Freising.
Unterdessen lobte der Jesuitenpater Jörg Alt lobt die Protestaktionen der radikalen Klimaschützer "Letzte Generation". Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Sonntag) sagte der 61-Jährige: "Ich bewundere diese Leute unendlich für ihren Mut und ihre Selbstlosigkeit. Sie haben's richtig gemacht, weil diese Straßenblockaden sich dem Auto in den Weg stellen, dem Symbol für unser fossiles Weiterso." Das habe die Diskussion hervorgerufen, die notwendig sei, um das Klimathema trotz Corona und Ukraine-Krieg wieder auf die Top-Agenda zu schieben.
Auch Alt selbst hat bereits in Nürnberg und München an Straßenblockaden teilgenommen. Gegen ihn laufen mehrere Ermittlungsverfahren. Dem Redaktionsnetzwerk sagte er: "Ich möchte die Bühne des Gerichtssaals, weil ich denke, letzten Endes ist das, was wir tun, durch den in Paragraf 34 Strafgesetzbuch enthaltenen rechtfertigenden Notstand abgedeckt, was heute erstmals von einem Gericht als Grundlage für einen Freispruch anerkannt wurde."
Alt bereit, für Aktivismus ins Gefängnis zu gehen
Er sei auch bereit, für seine Aktionen ins Gefängnis zu gehen, fügte Alt hinzu: "Ich würde lieber woanders hingehen als in den Knast. Aber wenn Gesellschaft und Politik mich lieber wegsperren, als auf mich zu hören, dann gehe ich auch ins Gefängnis." Seit 2019 war der Jesuit im Umfeld der Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" aktiv. Deren etablierte Protestformen reichten nicht mehr aus, sagte er dem Redaktionsnetzwerk.
"Fridays for Future" zerfalle gerade in drei Teile, meinte Alt. "Ein Teil resigniert und wird krank und depressiv, weil sie sagen, mein Engagement war umsonst. Die zweite Gruppe ist nach wie vor bereit, zu demonstrieren und zu argumentieren. Und der dritte Teil denkt eben auch über radikalere Ansätze des Protests nach." Man müsse die Gewissensentscheidungen der verschiedenen Akteure respektieren. "Aber wir müssen schauen, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen, sondern bestmöglich ergänzen." (rom/KNA)