Bibelwerk-Chefin: Papst-Rede von "geschwätzigen Frauen" ist unwürdig
Die Direktorin des Katholischen Bibelwerks, Katrin Brockmöller, hat Papst Franziskus für dessen Vergleich von tratschenden Priestern mit "geschwätzigen Frauen" kritisiert. "Hier das Klischee des 'alten Klatschweibs' als Negativfolie zu verwenden, ist misogyn", schreibt Brockmöller in einer Stellungnahme, die katholisch.de vorliegt. Sollte die Aussage witzig gemeint sein, sei sie deshalb nicht lustig, weil sie über Abwertung und Diskriminierung funktioniere. "Dieser Vergleich ist patriarchal und des Papstamtes unwürdig."
Papst Franziskus hatte vergangene Woche in einer Ansprache an lateinamerikanische Priesterausbilder betont, welche Priester er sich wünsche. Dabei ging es auch um das Thema Klatsch und Tratsch unter Geistlichen. "Ihr seid Männer, verhaltet euch wie Männer, seid keine geschwätzigen alten Frauen, bitte", so Franziskus. Bereits in der Vergangenheit hatten Aussagen und Vergleiche von Papst Franziskus mit Blick auf Frauen für Kritik und Irritationen gesorgt. So sprach er hinsichtlich der Bedeutungen von Theologinnen für die Kirche von "Erdbeeren auf der Torte".
Nicht Frage des Geschlechts, sondern der Charakterbildung
Franziskus verwende bei seinem Vergleich "ohne Not eine frauenverachtende Sprache", so Brockmöller weiter. "Es würde vollkommen ausreichen, den Priestern zu sagen, dass Klatsch und Tratsch andere Menschen zerstören können." Die Theologin fragte zudem, wozu in einer Redesituation mit Männern der Vergleich mit alten Frauen diene. "Was ist schlimmer: Dass tratschenden Männer einander Schaden zufügen oder dass sie dadurch eine wie auch immer vorgestellte 'Männlichkeit' verlieren?" Bei "Klatsch und Tratsch" gehe es nicht um körperliche, genetische, oder geschlechtsspezifische Eigenschaften, sondern um Charakterbildung. "Denn gerade die angemahnte Ehrlichkeit und ein respektvoller Umgang miteinander sind Tugenden, die alle Menschen entwickeln sollten." Beides sei weder vom Geschlecht noch vom Alter abhängig.
Brockmöller betonte, dass ein Blick in die Bibel die Perspektive weiten und "vor sexistischen Klischees und Abwertungen bewahren" könne. Das Buch Genesis erzähle zu Beginn davon, dass die Menschen partnerschaftlich an der Bewahrung der Schöpfung arbeiteten. Um die täglich erlebte Hierarchie der Geschlechter und die Abwertungen zu erklären, erzählten die biblischen Texte vom sogenannten Sündenfall und dessen Folgen. "Das ist die alltägliche Realität, aber nicht die biblische Vision!", so die Theologin. Spätestens mit Paulus sei klar, dass jede Art von Abwertung, Statusdenken und Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes nicht christlich sei. "Dieser Realität in Christus innerhalb der Kirche mehr Raum zu verschaffen ist notwendig, um als Kirche dem Evangelium treu zu bleiben", so Brockmöller. "Dafür arbeitet der Synodale Weg und vielleicht gelingt es unseren Bischöfen, das aktuell in Rom zu verdeutlichen." Die deutschen Bischöfe befinden sich in dieser Woche zum Ad-limina-Besuch im Vatikan. Thema bei den Gesprächen ist auch der Reformprozess der Kirche in Deutschland. (mal)