Eine profilierte Katholikin
Am Kabinettstisch der protestantischen Kanzlerin war die 1955 im niederrheinischen Jüchen geborene Schavan jahrelang wohl die theologisch versierteste Ministerin. Wenn es um ethische und gesellschaftliche Fragen ging, galt die Bildungsministerin stets als Fachfrau fürs Geistliche und Moralische.
Nun steht Schavan vor einem überraschenden Wechsel: Die Politikerin soll als neue deutsche Botschafterin in den Vatikan wechseln. "Wir können bestätigen, dass es entsprechende Pläne gibt", ein "förmlicher Beschluss" des Bundeskabinetts stehe aber noch aus, erklärte Regierungssprecher Seibert am Montag. Auch das Bundestagsbüro von Schavan teilte mit: "Ja, Frau Dr. Schavan ist gefragt worden und hat der Bundesregierung zugesagt, die Aufgabe einer Botschafterin beim Heiligen Stuhl zu übernehmen."
"Ein guter Plan und eine gute Wahl"
Dass Schavan Deutschland künftig beim Heiligen Stuhl vertreten soll, sei bereits bei den Koalitionsgesprächen zwischen CDU, CSU und SPD besprochen worden, sagte Seibert. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes betonte, es gebe "keine Zweifel, dass es sich um einen guten Plan und eine gute Wahl handelt".
Geplant ist, dass Schavan den Posten im Sommer übernehmen soll. Dann geht der derzeitige deutsche Botschafter im Vatikan, Reinhard Schweppe , in den Ruhestand und der Weg auf den prestigeträchtigen Posten in Rom wäre frei. Wann die Personalie Schavan offiziell beschlossen wird, steht nach Angaben der Bundesregierung aber noch nicht fest. In jedem Fall müsste Schavan bei einer Berufung auf den Botschafterposten ihr derzeitiges Bundestagsmandat für den Alb-Donau-Kreis in Baden-Württemberg , das sie seit 2005 inne hat, zurückgeben.
Titel-Aberkennung wegen "vorsätzlicher Täuschung"
Die Personalie, über die am späten Sonntagabend zunächst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte, ist eine große Überraschung – schließlich stand Schavan erst im vergangenen Jahr vor den Trümmern ihrer Karriere. Wegen einer Plagiatsaffäre verlor die CDU-Politikerin und langjährige stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei ihren an der Universität Düsseldorf erworbenen Doktortitel; im Zuge der Affäre trat sie nach acht Jahren als Ministerin zurück. Der Vorwurf der Hochschule lautete "vorsätzliche Täuschung durch Plagiat". Die Anschuldigung traf Schavan nach ihren eigenen Worten "im Kern" und stellte ihr Selbstverständnis als Wissenschaftlerin massiv in Frage. Ihre Klage gegen die Aberkennung des Titels läuft noch immer - am 20. März wird der Fall vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht verhandelt.
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens bahnt sich für die langjährige Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und ehemalige Geschäftsführerin des Cusanuswerks mit der Aussicht auf den Botschafterposten im Vatikan nun ein Comeback in einer herausgehobenen Position an. (mit Material von dpa und KNA)