Gegen bekannten Rabbiner gibt es Vorwürfe des Machtmissbrauchs

Homolka zieht sich von Spitze des Abraham-Geiger-Kollegs zurück

Veröffentlicht am 06.12.2022 um 12:54 Uhr – Lesedauer: 

Potsdam ‐ Der bekannte Rabbiner Walter Homolka sieht sich Vorwürfen des Machtmissbrauchs ausgesetzt. Jetzt gibt er die Leitung des Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs ab. Ein am Mittwoch erscheinendes weiteres Gutachten kritisiert Homolka schon im Vorfeld.

  • Teilen:

Nach Vorwürfen des Machtmissbrauchs am Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg zieht sich Gründer Walter Homolka von der Spitze der Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner zurück. Die Leitung wird neu strukturiert: Eine Ausbildungsstiftung soll Trägerin der Ausbildung werden. Auf sie würden alle Anteile der gemeinnützigen GmbH übertragen, teilte das Kolleg am Montagabend mit. Rabbiner Homolka erklärte, damit gehe die Leitung 2023 in "neue Hände" über. Er selbst werde der Stiftung nicht angehören und sehe seinen künftigen Schwerpunkt stattdessen in der wissenschaftlichen Forschung und als Professor der Universität Potsdam.

Gegen den prominenten Rabbiner waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs erhoben worden, die bundesweit und im Ausland Rücktrittsforderungen und Entsetzen hervorgerufen hatten. Homolka bestreitet weiter alle Vorhaltungen. Er hatte angekündigt, seine Ämter in der jüdischen Gemeinschaft – und damit auch das des Rektors des Geiger-Kollegs – bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen zu lassen. Homolka erklärte weiter: "Rabbiner Walter Jacob und ich machen als Gründer des Abraham-Geiger-Kolleg den Weg frei für eine Umgestaltung der Rabbinerausbildung, die alle Beteiligten in die Verantwortung ruft, und ich begrüße die neue Struktur." Wichtig sei, dass das Rabbinerseminar seine Arbeit "ungestört und erfolgreich weiter fortsetzen kann – progressiv und unabhängig".

Verdienste Homolkas für das liberale Judentum seien unbestritten

Kollegs-Interimsdirektorin Gabriele Thöne sagte, Verdienste Homolkas für das liberale Judentum seien unbestritten. Die Stiftungsstruktur sehe "eindeutige Mitwirkungs- und Kontrollregelungen für die Union Progressiver Juden als Religionsgemeinschaft und alle weiteren Stakeholder vor". Es würden Aufsichtsgremien für religiöse und für Verwaltungsfragen eingerichtet. Eingebunden würden auch Ehemalige, Zuwendungsgeber und die Universität Potsdam. Ergänzend sagte die für das Kolleg zuständige Kommunikationsberatung der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass derzeit nicht nur Gespräche mit der Union progressiver Juden (UpJ) liefen, sondern auch mit der World Union for Progressive Judaism, der European Union for Progressive Judaism, dem Zentralrat der Juden in Deutschland sowie Privatpersonen. Die Gespräche seien auf einem guten Weg.

Über die geplanten neuen Strukturen am Kolleg könne noch nicht im Detail gesprochen werden, hieß es. Es gehe jedoch beispielsweise um Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Besetzung von Stellen. In die Strukturen würden auch aktuelle Studierende eingebunden. Geplant seien darüber hinaus "sehr moderne" Compliance-Standards. Diese regeln innerhalb von Unternehmen angemessenes Verhalten. Die UpJ wählt an diesem Sonntag einen neuen Vorstand. Homolka ist bisher auch Vorstandsvorsitzender der UpJ. Der KNA hatte er dazu gesagt, er sei gebeten worden, wieder für den Vorstand zu kandidieren, aber "um das Amt des Vorsitzenden werde ich mich kein drittes Mal bewerben".

Eine Untersuchung der Universität Potsdam hatte Ende Oktober Vorhaltungen gegen Rabbiner Homolka in Teilen bestätigt. Diese bezogen sich auf "Vorwürfe des Machtmissbrauchs". Nicht bestätigt wurden dagegen "Vorwürfe der Duldung sexuell belästigenden Verhaltens seitens seines Lebenspartners". Das Geiger-Kolleg bildet als An-Institut der Universität liberale Rabbinerinnen und Rabbiner, Kantorinnen und Kantoren aus. Homolka hatte zuletzt angekündigt, er werde sich juristisch gegen die Vorwürfe wehren. Auch wehrt er sich gegen die für Mittwoch geplante Veröffentlichung erster Ergebnisse eines Gutachtens. Seine Anwälte sehen eine "vorschnelle" Veröffentlichung von Erkenntnissen aus dem Gutachten, das der Zentralrat der Juden in Deutschland bei der Kanzlei Gercke Wollschläger in Auftrag gegeben hatte. (KNA)