Bode: "Selbst Priester fragen mich: Warum treten Sie nicht zurück?"
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sieht knapp drei Monate nach dem Zwischenbericht zur Missbrauchsstudie im Bistum Osnabrück das Vertrauen in seine Person stark erschüttert. Er selbst und das Bistum hätten gerade unter den Mitarbeitenden einen guten Ruf als Aufklärer und Reformer genossen. "Dieser Ruf ist jetzt erheblich irritiert", sagte Bode in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er führe Woche für Woche Gespräche mit allen Berufsgruppen. Auch aus den Gemeinden werde ihm von verärgerten und enttäuschten Haupt- und Ehrenamtlichen berichtet: "Selbst Priester fragen mich: Warum treten Sie nicht zurück?"
Wissenschaftler der Universität Osnabrück hatten Bode im Zwischenbericht ihrer Studie über sexualisierte Gewalt im Bistum Osnabrück Pflichtverletzungen im Umgang mit Beschuldigten und Betroffenen vorgeworfen. Entgegen allen Ankündigungen sei nach 2010 kein Ruck durch das Bistum gegangen, bemängelten die Juristen und Historiker. Der Bischof hatte sich unmittelbar nach der Veröffentlichung schuldbewusst gezeigt und Fehler eingeräumt. Zugleich kündigte er an, nicht zurücktreten zu wollen. Diese Entscheidung verteidigte Bode kürzlich noch einmal und betonte, dass ihm persönlich zwar moralische, aber keine juristischen Verfehlungen vorzuwerfen seien.
Deutlich gestiegene Austrittszahlen
Bode rechnet nun mit deutlich gestiegenen Austrittszahlen seit September, will aber trotz der Wucht der Kritik Bischof bleiben. "Es wäre sicher von vielen positiv bewertet worden, wenn ich gegangen wäre." Er wolle jedoch zu seinen Fehlern stehen und sich darum bemühen, dass Vertrauen wieder aufgebaut werde, sagte der 71-Jährige. Er habe in vielen Missbrauchsfällen den beschuldigten Priestern mehr geglaubt als den Betroffenen. Die Versuchung, die Kirche und die Täter zu schützen, sei immer wieder groß. "Die Betroffenen kamen einem lange Zeit nicht so nahe, sodass ich den Dialog mit ihnen erst lernen musste."
Er habe im guten Glauben gehandelt, wenn er Beschuldigte mit ungeklärter Täterschaft oder Täter, die ihre Strafe verbüßt und eine Therapie gemacht hätten, im Dienst belassen habe, erläuterte der Bischof, der auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ist. Seit 2019 beraten externe Fachleute im diözesanen Schutzprozess den Bischof bei diesen Entscheidungen. Die Abwägung etwa zwischen Persönlichkeitsrechten und öffentlichem Interesse sei dabei häufig sehr schwierig.
Die breite Öffentlichkeit erwarte aber einen anderen Umgang mit den Beschuldigten, sagte Bode. "Die Menschen fragen sich zu Recht, wer da am Altar mit ihnen die Eucharistie feiert." Auch die Expertengruppe habe das nach dem Zwischenbericht der Wissenschaftler neu bewertet. Deshalb habe er mittlerweile alle Beschuldigten und Täter aus dem Dienst genommen. (tmg/epd)