Bischof Gerber zum Weihnachtsfest 2022

Zwischen Krieg und Krisen: Das Licht der Weihnacht

Veröffentlicht am 25.12.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Fulda ‐ Auch in diesem Jahr wird an Weihnachten der Engelsgesang verkündet: "… und Frieden auf Erden …" Und wieder einmal, wie so oft in den letzten 2.000 Jahren, scheint er wie aus einer anderen Welt zu stammen. Gerade im Dunkel aber strahlt der Weihnachtsstern, schreibt Bischof Gerber in einem Gastbeitrag.

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Die Schatten des Krieges im Osten Europas holen auch uns hier ein – und das im wahrsten Sinne des Wortes: Manch gewohnte Weihnachtsbeleuchtung bleibt dunkel. Uns bewegen die Bilder aus den Kriegs- und Krisengebieten, die wir jeden Tag neu auf den Bildschirm bekommen. Uns setzt das Schicksal der unmittelbar betroffenen Menschen zu und uns beschäftigt die Frage, wie es angesichts der politischen Entwicklung und des Klimawandels mit unserem Planeten weitergeht.

"Mitten im kalten Winter, wohl zu der halben Nacht …" – Was wir im altvertrauten Weihnachtslied hören und in diesen Wochen gegebenenfalls leicht fröstelnd singen, kann in uns die Bilder wachrufen von jenen, die jetzt frierend zwischen Trümmern um ihre Existenz ringen.

Weihnachten: Gott wird Mensch unter Menschen, in einer oft als zerrissen und bedrohlich erlebten Welt. Sehr anschaulich wird das im Evangelium geschildert. Das Kind, das "elend, nackt und bloß in einem Krippelein" liegt, hat zwischen Herbergssuche und Flucht das Licht der Welt erblickt.

Barocker Trost – neu entdeckt

In diesen Tagen und unter dem Eindruck des gegenwärtigen Weltgeschehens meditiere ich gerne diese Weihnachtslieder der frühen Barockzeit. Für viele gehören sie zu einem stimmungsvollen Weihnachtsfest. Doch bei genauerem Hinhören fällt auf, wie die Autoren geprägt sind vom Schrecken ihrer Zeit und von persönlichen Schicksalsschlägen. Sehr eindrucksvoll formuliert dies im Erleben von Krieg und Pandemie Paul Gerhardt, wenn er von sich bekennt: "Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne …". In dieser Situation entdecken Menschen ihre Nähe zu Jesus in der Krippe.

Weihnachten 2022: Wie damals den Dichtern der Barockzeit kann auch uns die Botschaft von Jesus in der Krippe Kraft und Zuversicht geben, um uns den Herausforderungen unserer Tage zu stellen. In dieser Glaubenskraft formulierte Jochen Klepper 1937 unter dem Eindruck der Schrecken der NS-Zeit: "Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld. Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld. Beglänzt von seinem Lichte, hält euch kein Dunkel mehr; von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her."

Bild: ©Bistum Fulda

Unter dem Eindruck des gegenwärtigen Weltgeschehens findet Bischof Gerber neue Zugänge zu alten Weihnachtsliedern.

Durch diese Advents- und Weihnachtszeit begleitet mich eine faszinierende Fotografie des Kometen Neowise, der im Sommer 2020 auch in der Rhön – einem der schönen Mittelgebirge im Bistum Fulda – zu beobachten war: im Sternenpark Rhön sogar besonders gut, weil nur wenige fremde Lichtquellen das Sternenlicht stören. In Gedanken verbinde ich mich mit vielen Menschen unter dem weiten Sternenzelt, denen ich verbunden bin, besonders mit jenen, denen ich mein Gebet versprochen habe: "Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld." Der Komet auf dem Foto weist genau auf das Kreuz, das über der Rhönstadt Poppenhausen – dem Ort der Aufnahme – errichtet ist. Es ist ein Trostbild für unsere Zeit, in der auch so manche Angst unseren Alltag bestimmt: Das Kreuz leuchtet im Licht der Heiligen Nacht. So kommt mir ein weiteres Weihnachtslied von Jochen Klepper in den Sinn, ebenfalls 1937 verfasst: "Die Welt ist heut voll Freudenhall. Du aber liegst im armen Stall. Dein Urteilsspruch ist längst gefällt, das Kreuz ist dir schon aufgestellt."

Von Herzen wünsche ich Ihnen die Erfahrung, dass das göttliche Licht, das erschienen ist, auch Ihr Leben erhellt. Ihnen allen ein gnadenreiches und gesegnetes Weihnachtsfest!

Von Bischof Dr. Michael Gerber