Streit zwischen Zentralrat der Juden und Homolka geht vor Gericht
Der Konflikt zwischen dem Zentralrat der Juden in Deutschland und dem prominenten Rabbiner Walter Homolka kommt vor Gericht. Die von Homolka beauftragte Anwaltskanzlei Behm Becker Geßner kündigte am Freitag in Berlin an, sie werde nach der jüngsten Stellungnahme des Zentralrats beim zuständigen Landgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen.
Der Zentralrat hatte am Donnerstag eine Aufforderung von Homolkas Anwälten zurückgewiesen, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Sie sollte sich auf Gutachter-Ergebnisse zu möglichem Fehlverhalten des Rabbiners in der Leitung des Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs beziehen, einer Ausbildungsstätte für liberale jüdische Geistliche. Falls dies nicht erfolgt, hatte Homolka "unverzügliche gerichtliche Schritte" angedroht. Die von ihm beauftragte Kanzlei bekräftigte am Freitag ihre Einschätzung, dass die Vorwürfe gegen Homolka "haltlos und ohne Substanz" seien.
Am Donnerstag hatte der Zentralrat seinerseits die Abmahnung von Homolka als "haltlos" bezeichnet. Der Rabbiner greife "wahllos Bewertungen der Gutachter an" und behaupte, dass es "keine Anknüpfungspunkte für Fehlverhaltensweisen" gebe. Zudem bestreite er, dass die Gutachter 79 Interviews mit 73 Personen durchgeführt hätten. "Für uns ist das nur ein Beleg dafür, dass Rabbiner Homolka jedes Maß verloren hat", so der Zentralrat.
Kanzlei: Persönliches Fehlverhalten Homolkas
Der Zentralrat hatte das Gutachten bei der Anwaltskanzlei Gercke Wollschläger in Auftrag gegeben. Laut dem am 7. Dezember veröffentlichten vorläufigem Gesamtergebnis liegen gegen Homolka 23 Verdachtsfälle von Fehlverhalten vor. Hierbei handele es sich bei 9 Vorwürfen um "mindestens den Anfangsverdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit", etwa in Bezug auf mögliche Vorteilsannahme, Nötigung und Beleidigung. Die Kanzlei sieht 11 Mal möglichen Machtmissbrauch und 3 Mal mutmaßliche "Diskriminierung unterhalb der Schwelle des Strafrechts" und geht von einem persönlichen Fehlverhalten Homolkas als "Führungsperson bzw. Person mit großem Einfluss" aus.
Homolkas Anwälte werten die Anschuldigungen dagegen als "massive Persönlichkeitsrechtsverletzung" und Vorverurteilung: "Nicht belegbare Vorwürfe" seien als bereits erwiesen dargestellt worden. Es habe zudem keine Veranlassung gegeben, vor der Präsentation des finalen Gutachtens in einigen Wochen vorab diese sogenannte Executive Summary zu veröffentlichen, die eine "umfassende Stellungnahme Homolkas nicht ansatzweise vollständig berücksichtigt". Diese nehme auf "zahlreiche teils schwerwiegende Vorwürfe" Bezug und entkräfte sie. Homolkas Stellungnahme war früheren Angaben zufolge kurz vor Veröffentlichung der ersten Ergebnisse des Gutachtens abgegeben worden.
Mit Verweis auf die Gutachter hatte Zentralratspräsident Josef Schuster Homolkas Verbleib in seinen bisherigen Ämtern angesichts der "Summary"-Ergebnisse als nicht mehr denkbar bezeichnet. Homolka hatte bereits angekündigt, sich von der Spitze des von ihm gegründeten Abraham-Geiger-Kollegs zurückzuziehen. Aktuell läuft eine Debatte darüber, wie eine neue Struktur aussehen könnte und wer für ihre Erarbeitung zuständig ist. (KNA)