Teile des Papiers werden kritisiert - auch von der SPD

Union kritisiert ökumenisches Sozialwort

Veröffentlicht am 22.05.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx und der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.
Bild: © KNA
Politik

Berlin ‐ Die katholische und evangelische Kirche in Deutschland wünschen sich eine breite Diskussion über die Wirtschafts- und Sozialordnung im Land. Um diese anzustoßen, haben sie Ende Februar ein ökumenisches Sozialwort herausgebracht, dessen zehn Thesen auf einer dazugehörigen Internetseite diskutiert werden können. Teile dieser Sozialinitiative werden nun von der Unionsfraktion und von der SPD kritisiert.

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Deren religionspolitische Sprecher Franz Josef Jung (CDU) sagte am Donnerstag in Berlin, die Familie als Keimzelle der Gesellschaft tauche im Dokument zu wenig auf. "Sie kommt so gut wie gar nicht vor", so Jung. Dabei habe sie einen anderen Stellenwert verdient. Er bemängelte zudem, dass die Kirchen nicht stärker auf die Stellung der Frauen in der Gesellschaft eingingen.

Kirchen veranstalten im Juni Kongress in Berlin

Weiter werde nicht hervorgehoben, wie wichtig ehrenamtliches Engagement sei, so Jung. Zugleich würdigte er, dass die Kirchen sich sehr deutlich zur sozialen Marktwirtschaft bekannt hätten. Der frühere Verteidigungsminister begrüßte auch, dass in dem Papier die Ursachen der Finanzkrise deutlich benannt würden.

Jung äußerte sich nach einer fraktionsoffenen Sitzung der Unions-Bundestagsfraktion zu dem Papier. Am 18. Juni veranstalten die Kirchen dazu einen Kongress in Berlin. Er wünsche sich eine gute Debatte bei der Veranstaltung, so der CDU-Politiker.

Andrea Nahles, SPD, Politikerin, Generalsekretärin, Katholikin
Bild: ©KNA

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.

Am Dienstag hatte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) an die Kirchen appelliert, sich weiter in politische Debatten einzumischen. Beim Sozialwort hätte sie sich an manchen Stellen mehr Pointierungen gewünscht. Auch müsse der globale Fokus deutlicher werden, so Nahles bei einer Veranstaltung der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Nahles würdigt Teile des Papiers

Zugleich würdigte die Ministerin, dass das Schreiben auf die Situation von Langzeitarbeitslosen eingehe. Sie wünsche sich in der gesellschaftlichen Debatte über eine stärkere Teilhabe dieser Gruppe mehr Ehrlichkeit. Es müsse klar benannt werden, dass es viele Langzeitarbeitslose nicht in den ersten Arbeitsmarkt schaffen, so Nahles. Zugleich müsse es eben auch für sie eine berufliche Perspektive geben. Nahles sagte, sie wolle in ihrer Amtszeit Initiativen für diese Gruppe ausloten.

Nahles Partei sieht das Sozialwort weniger kritisch: Bei einer Veranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion über die Initiative der Kirchen im April bezeichnete Thomas Oppermann die beiden Konfessionen als wichtige Partner in der Debatte um mehr soziale Gerechtigkeit. Inhaltlich gebe es da große Überschneidungen mit seiner Partei und eine verbindende "Gemeinwohlorientierung", so der SPD-Fraktionsvorsitzende. Oppermann sprach von einer "Renaissance der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland", nachdem die Debatten jahrelang von einem "marktradikalen Denken" bestimmt worden seien.

Die ökumenische Initiative trägt den Titel "Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft" (siehe Info-Kasten). Zur Motivaition für das Papier nannte der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch bei der Veröffentlichung die ökonomischen Krisen der vergangenen Jahre. Gegen den Vorwurf der Profillosigkeit hatte auch Zollitschs Nachfolger als DBK-Vorsitzender, Kardinal Reinhard Marx, das Papier verteidigt. "Es wäre doch verwunderlich, wenn die Kirchen auf die komplizierten Fragen unserer Zeit schnelle und einfache Antworten hätten", so Marx in einem Interview. (Mit Material von KNA)

Von Agathe Lukassek

Die zehn Thesen der Sozialinitiative

Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft heißt... ...wirtschaftliches Wachstum in den Dienst des Menschen stellen. ...die Soziale Marktwirtschaft nachhaltig weiterentwickeln. ...ordnungspolitische und ethische Maßstäbe für die Wirtschaft erneuern. ...die Staatsfinanzen zu konsolidieren. ...ökologische Nachhaltigkeit in Lebens- und Wirtschaftsstilen zu verankern. ...die mit dem demographischen Wandel einhergehenden sozialen Belastungen gerecht zu verteilen. ...durch Inklusion und Partizipation zur Chancengerechtigkeit beizutragen. ...eine breite Beteiligung an Erwerbsarbeit als wichtigem Ausdruck gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. ...durch Bildung die persönliche Entwicklung und den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt zu fördern. ...an der Gestaltung einer europäischen Solidaritäts- und Verantwortungsgemeinschaft mitzuwirken.