Bischof nennt Aussagen in Predigt "unüberlegt und unverantwortlich"

Debatte um Weihnachtspredigt: Auch Ipolt kritisiert Benediktinerpater

Veröffentlicht am 03.01.2023 um 17:04 Uhr – Lesedauer: 

Görlitz/Wittichenau ‐ Nach der Abtei Tholey hat auch Bischof Wolfgang Ipolt Kritik an der Weihnachtspredigt eines Benediktinerpaters im sächsischen Wittichenau geübt. Der Pater habe sich "unüberlegt und unverantwortlich" geäußert. Ipolt kündigte konkrete Konsequenzen an.

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Nach der Abtei Tholey hat auch der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt deutliche Kritik an der Weihnachtspredigt von Benediktinerpater Joachim Wernersbach OSB im sächsischen Wittichenau geäußert. "P. Joachim hat sich ohne Zweifel unüberlegt und unverantwortlich geäußert. Das hat Gläubige vor den Kopf gestoßen und zu einer Petition an den Pfarreirat der Pfarrei bewogen", sagte Ipolt, zu dessen Bistum Wittichenau gehört, am Dienstag auf Anfrage von katholisch.de. Es gebe in einem Weihnachtsgottesdienst keinen Grund, sich zu Fragen der Sexualmoral der Kirche oder zur Lebensweise einzelner Menschen kritisch zu äußern. "Die Menschen erwarten gerade am Weihnachtsfest Stärkung ihres Glaubens und eine Deutung der Weihnachtsbotschaft", so Ipolt weiter.

Die Fragen, die Pater Wernersbach in seiner Predigt angesprochen habe, seien derzeit in und außerhalb der Kirche in der Diskussion; darum gehörten sie durchaus in den Diskurs unter Christen und müssten vom Evangelium her beleuchtet werden, betonte der Bischof von Deutschlands kleinstem Bistum. Auch die Gespräche beim Synodalen Weg zeigten, dass hier Gesprächsbedarf sei. "Dafür ist aber die Predigt nicht der richtige Ort."

Pater hatte sich in Predigt gegen Wokeness und LGBTIQ positioniert

Wernersbach, der zur Benediktinerabtei Tholey gehört und seit Juli 2021 als Aushilfsseelsorger in Wittichenau tätig ist, hatte sich in seiner Predigt in der Christnacht unter Verweis auf die göttliche Ordnung gegen Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit positioniert. Wörtlich sagte er: "Es gibt so viele seltsame moderne Strömungen. Man hört von Gender und Transgender, von Transhumanismus und reproduktiver Gesundheit, von Wokeness und LGBTIQ, von Diversität und Identität, von multiplen Geschlechtern und Geschlechtsumwandlungen, dazu noch von diesem verheerenden neuen Offenbarungsverständnis des Synodalen Weges." Schon die Begriffe seien absolut befremdlich und hätten alle eines gemeinsam, denn es fehle ihnen an Schönheit, an Stimmigkeit und an Natürlichkeit. Und weiter: "Sie sind nicht im Einklang, nicht in Harmonie mit der unvorstellbar schönen göttlichen Ordnung. Eine große Dissonanz ist über unser Land hereingebrochen."

Bild: ©Screenshot YouTube

Ausschnitt aus der Weihnachtspredigt von Pater Joachim Wernersbach am 24. Dezeber 2022 im sächsischen Wittichenau.

Zuvor hatte der Geistliche zudem erklärt, dass sich aus der biblischen Weihnachtsgeschichte die "Heiligkeit der Familie" ableiten lasse. Diese bestehe aus Mann, Frau und Kind. Wörtlich erklärte er an die versammelte Gemeinde gerichtet: "Ich wünsche besonders denen, die an die traditionelle Familie glauben, extra-große Freude, weil sie sich nicht beirren lassen und den schädlichen modernen Strömungen folgen oder gar huldigen." Der Weihnachtsgottesdienst mit der Predigt war zunächst bei YouTube abrufbar, inzwischen wurde das Video von der Kirchengemeinde in Wittichenau aber gelöscht.

Die Predigt hatte mit einigen Tagen Verzögerung besonders in den sozialen Netzwerken für Empörung gesorgt. Aufmerksamkeit erregte vor allem eine Petition von zwei Frauen aus Wittichenau, die damit ihren Unmut über die Aussagen des Geistlichen zum Ausdruck bringen wollten. Die Petition, die inzwischen geschlossen wurde, wurde innerhalb kurzer Zeit von mehr als 500 Menschen unterschrieben. Gegenüber t-online.de erklärte die Initiatorin Theresia Kliemank, dass die Rückmeldungen überwiegend zustimmend gewesen sein. "Aber natürlich haben uns auch kritische Stimmen erreicht", so Kliemank, die selbst einräumte, dass der Pater vielfach nur die Lehren der katholischen Kirche wiedergeben habe. "In einer Christmesse haben diese Aussagen trotzdem nichts verloren. Außerdem verlässt die Predigt an manchen Stellen wirklich den Rahmen und ist teilweise sehr diskriminierend und ausgrenzend. Das ist nicht in Ordnung."

Ipolt erklärte gegenüber katholisch.de, dass er Pater Wernersbach zu einem Gespräch nach Görlitz eingeladen habe, um mit ihm persönlich den Sachverhalt zu klären. Zudem sprach sich der Bischof dafür aus, dass der Benediktiner "auf jeden Fall" zu seiner Predigt Stellung beziehen und sich für einzelne und gegebenenfalls verletzende oder missverständliche Aussagen auch entschuldigen solle. "Das würde ihm persönlich gut zu Gesicht stehen", sagte Ipolt. Weiter kündigte der Oberhirte an, mit dem Abt der Abtei Tholey Kontakt aufnehmen und weitere Schritte einvernehmlich abzusprechen.

„Die von unserem Mitbruder getroffenen Wertungen und fehlendes pastorales Einfühlungsvermögen widersprechen nicht nur der gesellschaftlichen Realität, sondern diskriminieren in vielfacher Hinsicht große Teile der Gesellschaft.“

—  Zitat: Die Abtei Tholey zur Predigt ihres Mitbruders Pater Joachim Wernersbach

Die Abtei Tholey hatte sich am Dienstagmittag bereits mit deutlichen Worten von der Weihnachtspredigt ihres Mitbruders distanziert. "Gestern erhielten wir Nachricht von den veröffentlichten Inhalten der Predigt unsers Mitbruders P. Joachim Wernersbach OSB am Heiligabend in der Pfarrkirche zu Wittichenau. Wir verwehren uns ausdrücklich gegen das von ihm darin gezeichnete Menschenbild und die dort getroffenen schöpfungsgeschichtlichen Aussagen. Wir bedauern dadurch hervorgerufene Wut, Leid aber auch Bestürzung", hieß es in einer am Dienstag verbreiteten Stellungnahme.

Abtei kündigt kirchliche Untersuchung der Predigt an

Gott sei Mensch geworden, um die ganze Schöpfung zu erlösen; seine Botschaft gelte allen Menschen, so die "feste Ansicht" der Abtei. "Die von unserem Mitbruder getroffenen Wertungen und fehlendes pastorales Einfühlungsvermögen widersprechen nicht nur der gesellschaftlichen Realität, sondern diskriminieren in vielfacher Hinsicht große Teile der Gesellschaft, etwa im Bild der Frauen, im Verständnis von Familie und auch gegenüber den queeren Mitmenschen sowie der LGBT-Gemeinde. Dies gilt auch unbeschadet der gültigen katholischen Lehre", so die Abtei weiter. Für den Konvent sei die bekannte Aussage von Papst Franziskus zum Thema Homosexualität – "Wer bin ich, ihn zu verurteilen?" – Maßstab für den Umgang mit allen Menschen.

Abt Mauritius Choriol OSB habe für den Bereich Tholey Konsequenzen gezogen und Pater Joachim vorläufig jede Art der pastoralen Tätigkeit im Umland der Abtei Tholey untersagt. Der Abt habe dies auch Bischof Wolfgang Ipolt mitgeteilt und ihn um Stellungnahme zu den Vorfällen in Wittichenau gebeten. "Ferner wird die Abtei eine kirchliche Untersuchung mit Analyse des Predigttextes und der Fürbitten beauftragen", so die Abtei weiter. Wernersbach selbst wollte sich auf Anfrage bisher nicht äußern, um die Debatte nicht weiter anzuheizen. (stz)