Katholiken gedenken deutschlandweit Benedikts XVI.
Gläubige bundesweit haben in Gedenkgottesdiensten vom verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. Abschied genommen. Dabei stand in der Regel die Würdigung des ehemaligen Kirchenoberhaupts aus Deutschland im Vordergrund. Der am Silvestertag verstorbene 95-Jährige war am Donnerstag im Petersdom beigesetzt worden.
Im Kölner Dom würdigte Erzbischof Rainer Maria Woelki Joseph Ratzinger, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, erneut als großen Theologen. Er sei vielleicht sogar "der Kirchenvater des 20. Jahrhunderts", sagte der Kardinal laut Predigtmanuskript. Benedikt habe mit seinem Pontifikat auf "eine der tiefsten Krisen in der heutigen Kirche" aufmerksam gemacht, auf die Krise des Christusglaubens. Er habe die Botschaft Jesu Christi als Mitte des Glaubens ins Zentrums seines Wirkens gestellt. "Die Erinnerung und das Lebendighalten dieser Mitte war für ihn die einzig wahre Reform, die unsere Kirche heute nötig hat." Als Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst habe Ratzinger es als seine Aufgabe angesehen, "für die gesunde Lehre gelegen oder ungelegen einzutreten", so Woelki.
Ein Gedenkgottesdienst für den toten emeritierten Papst fand am Samstagvormittag auch unter Leitung von Bischof Helmut Dieser im Aachener Dom statt. Am Sonntag um 10.00 Uhr feiert Bischof Felix Genn ein Kapitelsamt im Münsteraner Sankt-Paulus-Dom, für das sich auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) angekündigt hat. In Essen leitet Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck am 15. Januar ein Requiem in der dortigen Kathedrale. Bei einem Gottesdienst am Montagabend in Paderborn würdigte Diözesanadministrator Michael Bredeck Benedikt als einen Menschen, dem es um "die Verschränkung von Spiritualität und Theologie, von Existenz und Reflexion" gegangen sei.
Kohlgraf: Benedikt war "Jahrhundertpersönlichkeit
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat den früheren Papst Benedikt XVI. in einem Requiem als "Jahrhundertpersönlichkeit" mit historischer Bedeutung bezeichnet. In seiner Predigt am Samstagvormittag im Mainzer Dom mahnte Kohlgraf zugleich zur Zurückhaltung bei der endgültigen Bewertung des Lebens von Benedikt. "Angesichts mancher Themen, die noch vor seiner Bestattung im Raum standen, auch seine mögliche Heiligsprechung, würde ich zur Ruhe ermutigen", sagte Kohlgraf laut Manuskript und fügte hinzu: "Es gehörte immer zum kirchlichen guten Stil, sich mit abschließenden Bewertungen eines Lebens Zeit zu lassen."
Sicher seien viele Bilder, die sich die Öffentlichkeit von Benedikt gemacht habe, seiner "komplexen Persönlichkeit" nicht gerecht geworden. Er habe aber auch durch manche Positionen provoziert. Es gehöre "zur Wahrheit, dass sich viele Menschen auch durch ihn verstört fühlten", sagte der Mainzer Bischof. "Manche betonen seine Fehler, nicht nur im Umgang mit Missbrauchstätern im Erzbistum München-Freising und dann als Papst", so Kohlgraf. Hier werde es seriöse Untersuchungen brauchen, "ohne Zorn und Eifer, mit Sachverstand". Der Mainzer Bischof betonte: "Verschweigen darf man das nicht, auch wenn es nicht die ganze Lebensleistung schmälert."
Es gebe auch Menschen aus dem Umfeld Benedikts, die diesem eine mangelnde Menschenkenntnis unterstellen würden. "Ja, auch ein großer Theologe, Bischof und Papst hat Fehler, und sie sind in das Ganze einzuordnen, auch dafür braucht es Zeit und Abstand, und es braucht Menschen, die sich dieser Bewertung annehmen ohne ein theologisches oder kirchenpolitisches Eigeninteresse", so Kohlgraf.
Heße: Brauchen noch lange, um Tiefe seiner Gedanken zu ergründen
Bereits am Mittwoch hatten Katholiken im Hamburger Mariendom des gestorbenen ehemaligen Papstes Benedikt XVI. gedacht. Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße würdigte Joseph Ratzinger als großen Theologen. "Ich fand immer wertvoll, wie er die Verbindung zwischen Glauben und Denken hinbekommen hat", sagte er vor mehr als 300 Gottesdienstbesuchern. "Ich glaube, wir brauchen noch lange, um die Tiefe seiner Gedanken zu ergründen."
Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt bezeichnete den gestorbenen früheren Papst als "bescheiden und demütig". "Vor allem in der persönlichen Begegnung war er nicht abgehoben, sondern ganz präsent und den Menschen zugewandt", betonte Ipolt am Mittwochabend in Görlitz. Er erinnerte laut vorab verbreitetem Manuskript an seine letzte persönliche Begegnung mit ihm im vergangenen Sommer in Rom. Damals habe er ihn um einen Rat für seinen bischöflichen Dienst gebeten. Benedikt XVI. habe ihm gesagt: "Sprechen Sie immer von Gott. Manches andere klärt sich dann von selbst", so Ipolt.
Der Fuldaer Bischof Michael Gerber hat den früheren Papst Benedikt XVI. in einem Requiem gewürdigt. "Wir dürfen jetzt glauben, dass Papst Benedikt XVI. seinen Platz gefunden hat: bei Gott und inmitten der unzähligen Zeugen – der großen Theologen wie der einfachen Leute – die in ihrem Leben Jesus gefolgt sind", sagte Gerber am Mittwochabend im Fuldaer Dom.
Hinweis auf persönliche Begegnung
Gerber zeichnete das Bild eines Papstes, der Seelsorger geblieben sei. Als Benedikt XVI. 2011 Freiburg besuchte, beherbergte Gerber – damals Regens im Priesterseminar – dort den Papst. Am Ende der Begegnung habe sich Benedikt in seiner weißen Soutane für ein Gruppenfoto mit den ebenfalls weiß gekleideten Frauen und Männern aus dem Küchen- und Reinigungsdienst zusammengestellt. "Der Papst mitten unter den einfachen Angestellten, die sich glücklich, aber auch etwas müde um ihn scharen", sagte Gerber. Von mehreren persönlichen Begegnungen mit Benedikt in Rom und von dessen Besuch 2002 im Fuldaer Bischofshaus, noch als Kardinal Joseph Ratzinger, berichtete der emeritierte Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen. Er schilderte ihn als einen "theologischen und geistlichen Lehrer mit scharfem Verstand", der zugleich mitfühlend und herzlich gewesen sei.
Bereits am Dienstag hatte der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat Benedikt XVI. einen "Gottsucher und leidenschaftlichen Theologen" genannt. Dennoch habe dieser immer festgehalten "am unbegreiflichen Geheimnis Gottes", sagte Marx. In vielen seiner Schriften und Bücher werde deutlich, dass durch Jesus von Nazareth die Unbegreiflichkeit Gottes ein Gesicht bekommen habe: "Darum kreiste im Grunde seine gesamte Theologie." (cph/KNA)