Studierende wollen Edith Stein als Namenspatronin der Uni Münster
Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) an der Universität Münster spricht sich dafür aus, die Hochschule nach der Philosophin und Ordensfrau Edith Stein zu benennen. Am Donnerstag hatte der Senat der Universität in einer Probeabstimmung dafür votiert, auf den bisherigen Namenspatron, den deutschen Kaiser Wilhelm II., zu verzichten. Das Rektorat favorisiert eine Umbenennung in “Universität Münster" ohne weitere Zusätze. Für den RCDS wird diese Lösung der Universität nicht gerecht: "Wir wollen an einer Universität studieren, die Profil hat und für etwas steht." Daher bringen sie die von den Nationalsozialisten ermordete Edith Stein ins Gespräch, die von 1932 bis 1933 in Münster am katholischen Institut für wissenschaftliche Pädagogik lehrte, bis sie unter dem Druck der Judenverfolgung ihre Stelle aufgab.
"Edith Stein war ein vielseitiger Mensch. Wissenschaftlerin, Ordensfrau, Frauenrechtlerin, Jüdin und Opfer des Nationalsozialismus", argumentiert der RCDS. Stein, die 1933 in den Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen eintrat, sei auch heute noch ein Vorbild. Bildung habe immer im Zentrum ihres Lebens gestanden: "Abitur, Studium, Promoviert mit Bestnote, Wissenschaftlerin. Professorin nicht geworden wegen der damaligen Zeit", würdigen sie die christdemokratischen Studenten. Sie stehe für Gleichberechtigung von Frauen, sei eine Antifaschistin gewesen, die sich gegen den Totalitarismus eingesetzt habe und sei international bekannt. Damit könne ihr Name für die Universität identitätsstiftend sein, zumal keine einzige deutsche Universität nach einer Frau benannt sei.
Die Aussicht auf Erfolg des Vorschlags scheint gering. In seiner Probeabstimmung hatte der Senat bereits für den Namen "Universität Münster" gestimmt. Eine endgültige Entscheidung will das Gremium bei seiner nächsten Sitzung am 5. April fassen. Der Vorsitzende des Senats Hinnerk Wißmann begründete den kompakten Namensvorschlag: "Der Name 'Universität Münster' ist keineswegs der kleinste gemeinsame Nenner, sondern ein positiver Vollname, hinter dem sich alle Gruppen der Universität versammeln können", so der Juraprofessor. Eine Umbenennung werde auch keinen Schlussstrich unter die Geschichte ziehen. "Die Beschäftigung mit unserer Identität, zu der auch Wilhelm II. gehört, wird eine wichtige Aufgabe für die Universität bleiben", betonte Wißmann.
Wilhelm II. "geradezu obsessiv antisemitisch" und kein Vorbild
Die Umbenennung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster geht auf eine Initiative von Studierenden zurück, die 2018 im Hochschulsenat den mehrjährigen Prozess angestoßen hatten. Der Senat forderte die Universitätsleitung auf, ein Konzept zu einem historisch verantwortlichen Umgang der WWU mit Wilhelm II. auszuarbeiten. Eine Arbeitsgruppe des Senats unter der Leitung des Münsteraner Historikers Olaf Blaschke stellte 2020 fest, dass kein Zweifel bestehe, "dass Wilhelm II. überaus militaristisch und nationalistisch, antislawisch und geradezu obsessiv antisemitisch war, darin teils seine Zeitgenossen übertreffend". Vorbild könne eine solche Person nicht sein.
Edith Stein wurde 1891 in Breslau geboren. Sie studierte in Breslau, Göttingen und Freiburg im Breisgau, wo sie 1916 bei dem Philosophen Edmund Husserl promoviert wurde. Trotz ihrer mit Auszeichnung abgeschlossenen Promotion wurde sie nicht zur Habilitation zugelassen, weil sie eine Frau war. 1922 wurde die gebürtige Jüdin getauft und damit in die katholische Kirche aufgenommen. 1933 trat sie in den Karmel Maria vom Frieden in Köln ein und nahm bei ihrer Einkleidung den Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz an. Die Übersiedlung in ein niederländisches Kloster konnte sie nicht retten. Vermutlich am 9. August 1942 wurde sie im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet. 1998 wurde die Ordensfrau von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen und im Folgejahr zusammen mit den Heiligen Birgitta und Katharina von Siena zur Patronin Europas erklärt. Ihr Gedenktag am 9. August wird daher in allen Ländern im liturgischen Rang eines Fests begangen. (fxn)