Die Bundesregierung will Menschen entlasten, die andere pflegen

Mehr Zeit, mehr Geld

Veröffentlicht am 17.10.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Eine Pflegerin steichelt einem bettlägrigen alten Mann über den Kopf.
Bild: © KNA
Pflegereform

Bonn/Berlin ‐ Durch zwei "Pflegestärkungsgesetze" will die Bundesregierung in dieser Wahlperiode die Pflegeversicherung weiterentwickeln und zufkunftsfest machen. Das erste Gesetz soll am Freitag im Bundestag verabschiedet werden und ab Januar gelten. Hier ein Überblick über wichtige Inhalte der Gesetze.

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Worum geht es bei den beiden geplanten Reformgesetzen?

Durch das erste Pflegestärkungsgesetz sollen zum 1. Januar die Leistungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen spürbar ausgeweitet und die Zahl der zusätzlichen Betreuungskräfte in stationären Pflegeeinrichtungen erhöht werden. Die meisten Leistungen der Pflegeversicherung werden als Inflationsausgleich um vier Prozent angehoben. Zudem soll ein Pflegevorsorgefonds eingerichtet werden.

Mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz soll noch in dieser Wahlperiode der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt werden. Damit sollen auch Demenzkranke besser in die Pflegeversicherung einbezogen werden. Die Zahl der Pflegestufen wird von drei auf fünf angehoben.

Was verbessert sich für die Pflege zu Hause?

Um die häusliche Pflege zu stabilisieren, werden die Leistungen um rund 1,4 Milliarden Euro erhöht . So sollen die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen ab Januar mehr Gestaltungs- und Wahlmöglichkeiten erhalten. Angehörige sollen etwa die Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege besser miteinander kombinieren können. Statt vier Wochen sind dann bis zu acht Wochen Kurzzeitpflege pro Jahr möglich. Angebote der Tages- und Nachtpflege (teilstationäre Pflege) werden ebenfalls ausgebaut.

Auch niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote werden gestärkt und auf alle Pflegebedürftigen ausgedehnt. So können Haushalts- und Serviceangebote oder Alltagsbegleiter finanziert werden, etwa Helfer im Haushalt, Pflegebegleiter oder ehrenamtliche Helfer, die beim Gang auf den Friedhof oder beim Behördengang unterstützen.

Welche Hilfen gibt es für Umbaumaßnahmen?

Die Zuschüsse für Umbaumaßnahmen wie Rollstuhlrampen, begehbare Duschen oder die Verbreiterung von Türen werden ab Januar erhöht: Und zwar von bisher bis zu 2.557 Euro auf zukünftig bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme. Leben mehrere Pflegebedürftige gemeinsam in einer Wohnung, können sie statt bis zu 10.228 Euro jetzt bis zu 16.000 Euro pro Maßnahme erhalten.

Was verbessert sich in den stationären Pflegeeinrichtungen?

In stationären Pflegeeinrichtungen werden die Leistungen im Umfang von rund 1 Milliarde Euro verbessert. Die Zahl der zusätzlichen Betreuungskräfte soll von bisher rund 25.000 auf bis zu 45.000 erhöht werden.

Wie soll die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf verbessert werden?

Wer kurzfristig die Pflege eines Angehörigen organisieren muss, kann ab Januar eine Lohnersatzleistung für eine bis zu zehntägige Auszeit vom Beruf erhalten, vergleichbar dem Kinderkrankengeld. Zur Finanzierung werden 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Lohnersatzleistung soll in einem separaten Gesetz geregelt werden, das ebenfalls am 1. Januar in Kraft treten soll.

Wie werden neue Wohnformen besser unterstützt?

Der Wohngruppenzuschlag, den Pflegebedürftige aus der Pflegeversicherung erhalten, wenn sie eine Pflegekraft in einer ambulant betreuten Wohngruppe mit mindestens drei Pflegebedürftigen beschäftigen, wird auf 205 Euro pro Monat erhöht. Außerdem gibt es eine Anschubfinanzierung von bis zu 2.500 Euro je Pflegebedürftigem und maximal 10.000 Euro je Wohngruppe für die Gründung einer ambulant betreuten Pflege-Wohngruppe, die künftig einfacher in Anspruch genommen werden kann.

Wie werden die Leistungsverbesserungen finanziert?

2015 wird der Beitragssatz in einem ersten Schritt um 0,3 Prozentpunkte auf 2,35 Prozent und 2,6 Prozent für Kinderlose steigen. Das bedeutet Mehreinnahmen von 3,63 Milliarden Euro. 0,2 Prozentpunkte oder 2,4 Milliarden Euro jährlich sind für verbesserte Leistungen vorgesehen, 1,4 Milliarden Euro davon für die Pflege zu Hause und 1 Milliarde Euro für Verbesserungen in Pflegeheimen. 0,1 Prozentpunkte oder 1,2 Milliarden Euro pro Jahr fließen in den Pflegevorsorgefonds.

Mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz werden die Beiträge zur Pflegeversicherung nochmals um 0,2 Prozentpunkte angehoben. Durch diese beiden Beitragssatzerhöhungen stehen insgesamt weit über fünf Milliarden Euro mehr für Verbesserungen der Pflegeleistungen zur Verfügung.

Von Christoph Arens (KNA)