Pater Philipp König über das Sonntagsevangelium

Salz und Licht sein

Veröffentlicht am 04.02.2023 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 
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Frankfurt am Main ‐ Im Sonntagsevangelium steigt Jesus auf einen Berg, setzt sich und beginnt, seine Jünger zu lehren. Er könnte detaillierte Handlungsanweisungen geben – doch er spricht nicht über das Tun, sondern das Sein in seiner Nachfolge. Eine spannendere, aber auch schwierigere Frage, meint Pater Philipp König.

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"Die Leute brauchen nicht so viel nachzudenken, was sie tun sollten. Sie sollten vielmehr bedenken, was sie sind!" Diese Worte des dominikanischen Mystikers Meister Eckhart aus seinen Reden der Unterweisung stimmen mich immer wieder nachdenklich. Die Frage "Wer (oder was) bin ich eigentlich?" ist nämlich schwerer zu beantworten, als ich früher einmal angenommen habe. Es lohnt sich, dieser Frage auf den Grund zu gehen.

Was wir sind: Salz der Erde und Licht der Welt

In der Bergpredigt sagt Jesus den Menschen auf den Kopf zu, wer sie sind: "Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt." Mir gefällt, dass Jesus nicht sagt, was wir (alles) tun und lassen sollen. Er steht eben nicht mit erhobenem Zeigefinger da und erteilt Anweisungen. Vielmehr spricht er uns an als Salz der Erde und Licht der Welt.

Weder Salz noch Licht existieren einfach für sich selbst, sondern Salz ist zum Salzen von Speisen da, Licht zum Erleuchten von Räumen. Zum Wesen beider gehört also immer noch ein weiteres, von Salz und Licht verschiedenes. So ist es auch mit uns Christen: Wir sind nicht für uns selbst da und dürfen uns nicht in unsere Kreise abschließen. Sondern wir haben einen Auftrag in der Welt und brauchen in unserem Dasein wesentlich die Welt.

Nicht zu viel, nicht zu wenig: Das richtige Maß

Salz verwendete man in der Antike zum Reinigen und Konservieren, ebenso natürlich zum Zubereiten von Speisen. Entscheidend ist dabei bekanntlich die Dosierung: Die richtige Menge Saltz verleiht einem Essen Geschmack und Würze. Salz im Übermaß verdirbt dagegen selbst die beste Mahlzeit und macht sie ungenießbar. Ebenso braucht es beim Licht die richtige Stärke: Ohne Licht können wir nichts sehen und zu wenig Licht verdirbt auf Dauer die Augen. Zu viel Licht hingegen schmerzt in den Augen und macht schlimmstenfalls blind.

Mit uns Christen ist es ähnlich: Es gehört zu unserem Auftrag, dass wir uns in die Gesellschaft einbringen. Würden wir uns ganz raushalten, dann würde etwas Wesentliches fehlen! Christen können und sollen das "Salz in der Suppe" sein. (Nebenbei gefragt: Haben Sie schon einmal erlebt, dass Salz seinen Geschmack verliert?) An manchen Stellen ist jedoch von uns Christen vermutlich etwas Zurückhaltung und Selbstbescheidung angebracht, um die Suppe nicht zu "ver-salzen" und den Geschmack nicht zu verderben.

Licht sein

Wer den Titel "Licht der Welt" trägt, steht sichtbar unter Beobachtung. Umso schwerer wiegt es dann, wenn Verfehlungen und Missstände dieses Licht verdunkeln. Die Empörung über Skandale und deren fehlerhafte Aufarbeitung in unserer Kirche ist groß. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Menschen von uns zu Recht einfordern, dass wir die besondere Vorbildfunktion auch bestmöglich erfüllen, die mit uns als dem "Licht der Welt" in Verbindung gebracht wird.

Zu erfahren, dass man füreinander Licht sein kann, tut gut: Wenn Menschen einander beistehen und helfen, wenn jemand andere inspiriert und ihnen Perspektiven aufzeigt. Andere werden mir zum Licht und auch ich kann Licht sein für andere. Das lässt sich nicht vorausplanen, sondern es leuchtet wie von selbst aus unserem Innern heraus. Ein inneres Licht, das, wie ich fest glaube, eine göttliche Kraft hat, die die Welt verändern kann.

Auf berührende Weise hat dies vor zwei Jahren die junge Lyrikerin Amanda Gorman ins Wort gebracht. Bei der Amtseinführung des US-Präsidenten Joe Biden am 20. Januar 2021 trug die damals 22-jährige Studentin ihr Gedicht "The Hill We Climb" vor, das ihr international Lob und Anerkennung brachte. Gorman, die als Kind einen Sprachfehler hatte, sprach nun vor einem Milliardenpublikum über die oft schmerzhafte Geschichte ihres Volkes und seine fragile aktuelle Situation. Das dennoch hoffnungsvolle Gedicht endet mit dem Blick auf das Licht. Dieses Licht ist immer da, wenn Menschen nur den Mut haben, es zu sehen und es selbst zu sein. Für mich eine wunderbare Anspielung auf Jesu Wort vom Licht der Welt in der Bergpredigt:

"We will raise this wounded world
into a woundrous one. (...)
For there is always light,
if only we‘re brave enough to see it,
if only we‘re brave enough, to be it."

("Wir werden diese verwundete Welt
in eine wundersame verwandeln. (...)
Denn es gibt immer Licht,
wenn wir nur mutig genug sind, es zu sehen,
wenn wir nur mutig genug sind, es zu sein.")

Aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 5,13–16)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:

Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden.

Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht eine Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus.

So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Der Autor

Pater Philipp König gehört dem Dominikanerorden an und unterrichtet am ordenseigenen Gymnasium in Vechta die Fächer Französisch, Religion und Geschichte.

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