Unterstützung von Amtskirche fehle jedoch

Theologin: Religionslehrkräfte schaffen flexible Formen von Kirche

Veröffentlicht am 21.02.2023 um 13:14 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Graz ‐ Die Kirche im Religionsunterricht ist für die Grazer Theologin Susanne Kleinoscheg weder statisch noch traditionell, sondern passt sich der jeweiligen Klasse an. Im Einsatz der Religionslehrkräfte erkennt sie sogar eine Form der Nachfolge Christi.

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Aus Sicht der Grazer Theologin und Religionslehrerin Susanne Kleinoscheg schaffen Religionslehrkräfte im Unterricht eine flexible Form von Kirche. "Ein zentrales Ergebnis meiner Untersuchung war, dass die Religionslehrkräfte mit ihrem Unterricht nicht nur ihrem allgemeinen Bildungsauftrag nachkommen, sondern viel mehr schaffen: Sie schaffen Kirche und dies situativ", schreibt Kleinoscheg in einem Beitrag für das Online-Portal "feinschwarz.net" (Dienstag). Darin fasst sie die Ergebnisse aus einer 2022 veröffentlichten empirischen Studie zur Identität und Kirchlichkeit von Religionslehrkräften in Österreich zusammen. "Das bedeutet, dass die Kirche, die am Ort der Schule vorfindbar ist, nicht statisch und traditionell ist, sondern sehr flexibel."

Laut Kleinoscheg prägten die Schülerinnen und Schüler als eigenständige Personen, im Religionsunterricht das jeweilige Gesicht der Kirche. Dabei würden sie in die Themen inkulturiert und nicht indoktriniert. Situationen solcher Kirchlichkeit seien etwa eine Ritualbegleitung, das Erfahrbarmachen des Kirchenjahres oder das Thematisieren von Fragen über den Beginn und das Ende des Lebens. "Je nach Klasse und Situation wird in diesen Stunden Kirchlichkeit relevant, wenn die SchülerInnen spüren, dass sie mit ihrem Leben und ihren Fragen, mit ihrem Leid und ihrer Freude vorkommen, ernst genommen werden und sprechen können." Dadurch entstehe Freude, die "Gabe Gottes und zugleich Frucht aus dem Einsatz für den Nächsten", so Kleinoscheg.

Diese situative Kirchlichkeit spiegele sich im missionarischen Volk Gottes wider. "In dieser Mission lernen alle Teile ständig voneinander und das macht die Spannung aus und den Reiz des Religionsunterrichts." Religionslehrkräfte würden in ihren Aktionen und Bemühungen dabei jedoch selten von der Amtskirche unterstützt. "Mich nimmt die Kirche nicht wahr und ich nehme sie auch nicht wahr", zitiert die promovierte Theologin eine interviewte Lehrkraft.

Religionslehrer für alle kirchlichen Vergehen veratwortlich gemacht

Da das pilgernde Volk Gottes im Religionsunterricht nicht in einer Position verharre, sondern je nach Klasse und Gruppe elastisch reagiere, wagten die Lehrkräfte in vielen Stunden einen Weg der Ungewissheit. "Die Interviews bestätigen, dass sich die Religionslehrkräfte auf ihre spezielle Frömmigkeit und Verankerung in ihrer Kirche stützen." Die neuen Formen der Kirchlichkeit gäben den Lehrerinnen und Lehrern Kraft, "in der Kirche zu bleiben, da diese situative Kirche beweglich ist, im Heute und am Puls der Menschen".

Zum Volk Gottes in der Schule gehörten neben den Schülern auch das ganze Kollegium und sämtliches Personal. Religionslehrkräfte würden von allen angefragt, wenn es etwa um Trauerfeiern, Hochzeiten oder Taufen gehe. "Ihre Unterstützung und Wissen werden vorausgesetzt und immer wieder in Anspruch genommen", so Kleinoscheg. Die Bereitschaft, darauf zu antworten, lasse sich mit nichts besser beschreiben als mit der Nachfolge Christi.

Schmerzhaft sei für viele Religionslehrkräfte jedoch, dass sie "für alle Vergehen und Verfehlungen der Kirche oder Ortspfarrer verantwortlich gemacht" würden. "Sie sind vor Ort und treffen auf ein kritisches Kirchenvolk, das manchmal auch sehr fern ist", schreibt Kleinoscheg. (cbr)