Standpunkt

Proteste vor Stellen der Schwangerenkonfliktberatung sind unchristlich

Veröffentlicht am 23.02.2023 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wenn für zweifelnde Schwangere der Weg zur Beratungsstelle zum Spießrutenlauf wird, erweist das der Sache des Lebensschutzes einen Bärendienst, kommentiert Gabriele Höfling. Sie findet solche Proteste übergriffig und fordert ein Verbot.

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Das Vorbild liegt in der US-amerikanischen Pro-Life-Bewegung: Dort halten Abtreibungsgegner regelmäßig Mahnwachen vor Abtreibungskliniken. Seit einiger Zeit gibt es ähnliche Aktionen auch in deutschen Städten: Unter dem Motto "40 Tage für das Leben" protestieren zweimal im Jahr christliche Gruppen vor Stellen der Schwangerschaftskonfliktberatung – unter anderem bei "Pro Familia" in Frankfurt. Auch für diese Fastenzeit sind Mahnwachen angekündigt. Doch solche Formen des Protests erweisen der Sache des Lebensschutzes einen Bärendienst.

Für die eigene christliche Überzeugung des Lebensschutzes von Anfang an in Gottesdiensten, Gesprächen, im politischen Prozess oder bei Demonstrationen einzutreten, ist legitim und erstrebenswert. In die Privatsphäre anderer Menschen einzugreifen, die sich in einem konkreten persönlichen Konflikt befinden, ist übergriffig und unwürdig. Wenn eine Frau sich auf dem Weg zur Schwangerenkonfliktberatung an Demonstrierenden vorbeischlängeln muss, im schlimmsten Fall noch von ihnen angesprochen wird, ist das ein Spießrutenlauf. Niemand Zweifelndes lässt sich so überzeugen, trotz Schwierigkeiten am Ende doch frohen Mutes "Ja" zu einem ungeborenen Baby zu sagen.

Die Chance dazu bietet ein ernsthaftes und fundiertes Gespräch in einer Beratungsstelle, in der Frauen nicht verurteilend, sondern auf Augenhöhe begegnet wird. Diese wertvolle Arbeit wird durch anklagende Mahnwachen vor der Tür erschwert und konterkariert. Zum christlichen Selbstverständnis gehört es doch auch, Verzweifelten und Schwachen mit Nächstenliebe zu begegnen. Das lassen Kundgebungen wie "40 Tage für das Leben" vermissen. Der Zweck heiligt eben nicht alle Mittel.

In der Politik kam bereits die Forderung auf, mit einer neuen gesetzlichen Regelung auf Bundesebene gegen solche Proteste von Abtreibungsgegnern direkt vor Beratungsstellen vorzugehen. Ich wäre dafür.

Von Gabriele Höfling

Die Autorin

Gabriele Höfling ist Redakteurin bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.