Schaden Feiertage der Wirtschaft?

Veröffentlicht am 21.11.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Buß- und Bettag

Bonn ‐ Würden wir noch im Jahr 1994 leben, dann hätten wir heute frei. Seit 1995 ist der evangelische Buß- und Bettag jedoch kein gesetzlicher Feiertag mehr. Zur Finanzierung der Pflegeversicherung wurde er aus dem bundesweiten Register der freien Tage gestrichen. Lediglich in Sachsen ruht die Arbeit am Buß- und Bettag weiterhin, mit der Folge, dass dort der Beitrag zur Pflegeversicherung höher ist als im Rest der Republik. Schaden Feiertage demnach der Wirtschaft?

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Nun ja, sagt Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln: "Wenn einen Tag lang nicht gearbeitet wird, wird einen Tag lang nicht gearbeitet und das wirkt sich auf das Bruttosozialprodukt aus." Sicherlich könne man in manchen Bereichen nacharbeiten, so der Ökonom. Immer gehe das aber nicht. "Der Ertrag fehlt dann im Betriebsergebnis."

Ganz so einfach ist die Gleichung aber nicht. Schäfer verweist auf die Feiertagslage im Land. In der Tat ist die Situation sehr unterschiedlich. Zu den Ländern mit wenigsten Feiertagen zählt neben den Stadtstaaten auch Schleswig-Holstein. Am häufigsten frei haben die Menschen hingegen in Bayern und Baden-Württemberg. Es falle schon auf, sagt Schäfer, dass die Länder mit den meisten Feiertage nicht am schlechtesten in Deutschland dastehen.

Reinhard Marwick geht noch weiter. "Ich bezweifle, dass Feiertage der Wirtschaft schaden", sagt der Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Eine Initiative zur Wiederbelebung des freien Buß- und Bettag wolle man aber nicht starten. Vielmehr sei der evangelischen und katholischen Kirche daran gelegen, das allgemeine Bewusstsein für Sonn- und Feiertage zu schärfen.

Innerkirchlich habe sich die Streichung des Buß- und Bettages als gesetzlicher Feiertag sogar positiv ausgewirkt. "Früher wurde er oftmals nur als ein freier Tag empfunden", sagt Marwick. "Heute gehen vielmehr Menschen wieder bewusst zum Gottesdienst."

Feiertage unter Beschuss

Über den Sinn und Unsinn von Feiertagen wird nicht nur unter ökonomischen Aspekten diskutiert. Unter anderem steht das öffentliche Tanzverbot am "stillen" Karfreitag unter Beschuss. In diesem Jahr hatten beispielsweise Mitglieder der Piratenpartei in Frankfurt und Gießen zu öffentlichen Tanz-Demonstrationen an dem Tag aufgerufen. Die Begründung: Gesetzlich geschützte religiöse Feste greifen in die Freiheit der Bürger ein.

Noch weiter Befürworter einer strengen Trennung von Kirche und Staat. Sie fordern, dass nur weltliche Feiertage gesetzlich geschützt sein sollen. Übrig blieben dann Neujahr, der Tag der Arbeit sowie der Tag der deutschen Einheit. Ihr Argument: Immer weniger Menschen gehören in Deutschland den beiden großen christlichen Kirchen an.

Für EKD-Sprecher Reinhard Marwick haben Feiertage hingegen für das Gesamtgefüge einer Gesellschaft eine wichtige Bedeutung – auch der Buß- und Bettag. Gerade in der hektischen Zeit vor Weihnachten seien Buße und Selbstreflexion wichtig. "Feiertage schaffen einen Wert, der sich nicht in Euro und Cent messen lassen kann", sagt er. Ökonom Holger Schäfer sieht die Sache aus wirtschaftlicher Sicht pragmatisch. Von einem freien Tag mehr oder weniger gehe die Welt auch nicht unter.

Von Christoph Meurer