Gottesdienste und Führungen – Rupnik scheint Sanktionen zu ignorieren
Der wegen Missbrauchs in mehreren Fällen beschuldigte Jesuit Marko Rupnik soll trotz Verbots weiterhin öffentlich Gottesdienste feiern. Einem Bericht der italienischen Zeitung "Domani" zufolge hat der Pater am Sonntag bei einer Messe in der römischen Basilika Santa Prassede konzelebriert. Laut der Zeitung hat Rupnik im Januar noch in der Kirche gepredigt. Außerdem sei der Mosaikkünstler bei der Leitung von Führungen in der Lateranbasilika gesehen worden, wo er Besuchergruppen seine Werke in der Kapelle des Päpstlichen Priesterseminars erläutert haben soll.
Der Jesuitenorden hatte Rupnik schon im vergangenen Jahr die öffentliche Ausübung seines Priesteramts untersagt oder sich öffentlich zu äußern und ihn verpflichtet, die Region Latium nicht zu verlassen. Im Januar verbot ihm sein Oberer, der belgische Pater Johan Verschueren, zudem die öffentliche Tätigkeit als Künstler. Die Maßnahmen begründete der Orden damit, dass Rupnik von zahlreichen Zeugen glaubhaft beschuldigt wurde, er habe sie "geistlich missbraucht, psychologisch missbraucht oder sie sexuell belästigt". Die Berichte bezögen sich auf Vorfälle, die sich zwischen Mitte der 80er Jahre und dem Jahr 2018 ereigneten. Die Vorwürfe kämen aus dem Umkreis der von Rupnik gegründeten "Loyola-Kommunität" in Slowenien, von Einzelpersonen, sowie von Menschen im Umfeld der von Rupnik geleiteten römischen Mosaik-Werkstatt "Centro Aletti".
Kirchenrechtliche Strafen drohen
Die Rupnik vorgehaltenen Taten sind nach staatlichem Recht nach Einschätzung des Jesuitenordens keine Straftaten, jedoch kirchenrechtlich relevant. Mit den Restriktionen sollen neue Taten ausgeschlossen werden. In der Erklärung Verschuerens werden weitere disziplinarische Maßnahmen bis hin zu einem Ausschluss Rupniks aus dem Orden als mögliche nächste Schritte genannt.
Der Fall Rupnik wurde im Dezember 2022 publik. Ermittlungsverfahren des Ordens unter Leitung der Glaubenskongregation endeten mit der Feststellung, dass die mutmaßlichen Verfehlungen verjährt seien. In einem anderen Fall war Rupnik im Mai 2020 nach drei Jahren Ermittlungen und Verfahren per Dekret der Glaubenskongregation exkommuniziert worden. Er hatte eine der Frauen, die er zum Geschlechtsverkehr gedrängt hatte, in der Beichte von dieser Tat losgesprochen. Gemäß Kirchenrecht ist die "Absolution des Mitschuldigen an einer Sünde gegen das sechste Gebot des Dekalogs" grundsätzlich ungültig und zieht als Tatstrafe, also sofort und ohne Urteil eintretend, die Exkommunikation nach sich. Die Aufhebung der Exkommunikation ist in diesem Fall dem Apostolischen Stuhl vorbehalten. Noch im selben Monat wurde die Exkommunikation wieder aufgehoben, weil der Täter gestanden und bereut hatte. Daraufhin wurde immer wieder die Vermutung geäußert, die rasche Aufhebung der Strafe habe der Papst persönlich angeordnet. Franziskus betonte zuletzt, er sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen. (fxn)