Die Liebesbeziehung zu Jesus neu suchen
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Impuls von Schwester Anne Kurz
Viele Frauen und Männer waren im Lauf der Geschichte vom Verlangen bewegt, Jesus nahe zu sein. Auch eine Frau, die sich zu Exerzitien angemeldet hat, benennt den Wunsch: Jesu Liebe mehr bei mir ankommen zu lassen, die Liebesbeziehung zu ihm zu vertiefen und mein Leben aus der Beziehung zu Jesus zu gestalten.
Als ich das gelesen hatte, wurde auch in mir der Wunsch wach, die Liebesbeziehung zu Jesus neu zu suchen. Doch wie geht das? Habe ich mich zu sehr in einer etwas resignierten, eher unpersönlichen Nüchternheit des Glaubens eingerichtet? Teresa von Ávila, eine große spanische Mystikerin, erzählt, dass es ihr geholfen habe, sich Jesus innerlich vorzustellen. Am leichtesten fiel es ihr, wenn sie an die Augenblicke im Leben Jesu dachte, in denen er einsam war: "Es kam mir dann vor, als ob er, so allein und betrübt, jemanden brauche, sodass er mich akzeptieren würde."
Allein ist Jesus auch zu Beginn des heutigen Evangeliums. Allein und zudem müde von der Reise. Die Mittagshitze ist drückend. Er ist in Samarien, einem Landstrich, der von Spannungen zu den Juden geprägt ist. In diesem Moment betritt eine samaritische Frau die Szene, die am Brunnen Wasser schöpfen will. Auch sie ist allein. In Grenzsituationen wie Erschöpfung oder existenzieller Ernüchterung kann sich die Wahrnehmung verändern. Manchmal eröffnet sich eine Trosterfahrung. Man ahnt, dass sich inmitten der erlittenen Vergeblichkeit ein frischer Brunnen auftut. Wo die eigenen Kräfte zur Neige gehen, kann eine neue Geborgenheit wissen: Alles ist gut. Man kann berührt werden durch die Gegenwart einer anderen Person. Ist am Brunnen von Sychar so etwas geschehen?
"Gib mir zu trinken" – mit dieser Bitte eröffnet Jesus das unerwartete Gespräch. Wie Teresa von Ávila ist auch die Samariterin erstaunt darüber, akzeptiert zu werden. Jesus und sie treten in einen ehrlichen Dialog miteinander ein. Beide kennen den unstillbaren Durst nach Liebe und Leben. Die Frau kann mit ihrer ganzen Lebenserfahrung so sein, wie sie wirklich ist und wird so zu der, die sie wirklich sein kann. Ihre Hoffnung nach lebendigem Wasser, nach Beziehung, Annahme, Lebendigkeit wird bestätigt. Solche Begegnungen bringen versiegte Quellen wieder zum Fließen und ermöglichen Neuanfang.
Doch nicht nur die samaritische Frau, sondern auch Jesus selbst gewinnt neue Lebendigkeit. Das Gespräch am Brunnen ist nicht einseitig: Die Frau empfangend und Jesus gebend. In einer Einseitigkeit ereignet sich keine Quelle. Jesus ist und bleibt auch der Bedürftige und der Bittende. Also können wir uns wie Teresa von Ávila und die Samariterin annähern und er wird uns akzeptieren.
Evangelium nach Johannes (Joh 4,5–42)
In jener Zeit kam Jesus zu einer Stadt in Samárien, die Sychar hieß und nahe bei dem Grundstück lag, das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte. Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde.
Da kam eine Frau aus Samárien, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken! Seine Jünger waren nämlich in die Stadt gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen. Die Samaríterin sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samaríterin, um etwas zu trinken bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samarítern.
Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden?
Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt.
Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen! Er sagte zu ihr: Geh, ruf deinen Mann und komm wieder her!
Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann. Jesus sagte zu ihr: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. Denn fünf Männer hast du gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt. Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss.
Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen;
denn das Heil kommt von den Juden.
Aber die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus heißt. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden. Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, der mit dir spricht.
Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, doch keiner sagte: Was suchst du? oder: Was redest du mit ihr? Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen, kehrte zurück in die Stadt und sagte zu den Leuten: Kommt her, seht, da ist ein Mensch, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Christus? Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm.
Währenddessen baten ihn seine Jünger: Rabbi, iss! Er aber sagte zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen,
die ihr nicht kennt. Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht?
Sieh, ich sage euch: Erhebt eure Augen und seht, dass die Felder schon weiß sind zur Ernte! Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, sodass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen. Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät und ein anderer erntet. Ich habe euch gesandt zu ernten, wofür ihr euch nicht abgemüht habt; andere haben sich abgemüht und euch ist ihre Mühe zugutegekommen.
Aus jener Stadt kamen viele Samaríter zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe. Als die Samaríter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage. Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte.
Und zu der Frau sagten sie: Nicht mehr aufgrund deiner Rede glauben wir, denn wir haben selbst gehört und wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.