Reaktionen zum Rücktritt des Osnabrücker Bischofs

Bätzing: Verliere mit Bode "engsten Mitstreiter" auf dem Synodalen Weg

Veröffentlicht am 25.03.2023 um 15:25 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 

Osnabrück ‐ Der Rücktritt des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode hat am Samstag zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Während Mitbrüder des 72-Jährigen ihr Bedauern über den Schritt ausdrückten, kritisierte eine Betroffeneninitiative den Zeitpunkt des Rücktritts.

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Der Rücktritt des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode hat am Samstag unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während Mitbrüder des 72-Jährigen und der Katholikenrat der niedersächsischen Diözese ihr Bedauern über den Rücktritt ausdrückten, kritisierte die Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch" den Zeitpunkt des Schritts als verspätet.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, äußerte sich mit "großem Bedauern und Respekt" zum Rücktritt Bodes. "Gerne hätte ich Dich noch weitere Jahre an unserer Seite in der Deutschen Bischofskonferenz gesehen. Gleichzeitig verstehe ich Deine Entscheidung und die damit verbundenen Konsequenzen. Von Herzen spreche ich Dir ganz persönlich und im Namen der Deutschen Bischofskonferenz meinen Dank und meine Anerkennung für Dein Wirken aus", so der Limburger Bischof wörtlich. Bode habe in mehr als drei Jahrzehnten über 60 Vollversammlungen und rund 135 Sitzungen des Ständigen Rates erlebt. "Sicherlich war Dir die Aufgabe manchmal schwer und Deine Gesundheit hat darunter gelitten. Aber Du hast bis auf den heutigen Tag die Aufgaben und Herausforderungen mit Herzblut ausgefüllt", erklärte der DBK-Vorsitzende.

"Du warst und bist ein Bischof für die Menschen auf Augenhöhe"

Bätzing würdigte in seiner Stellungnahme unter anderem die Verdienste Bodes als Vorsitzender der DBK-Jugendkommission bei den Weltjugendtagen: "Manches ist vom Weltjugendtag geblieben: Gerne hast Du von den 'Biotopen des Glaubens' gesprochen, die noch immer vielerorts in unserem Land zu erleben sind." Als langjähriger Vorsitzender der Pastoralkommission habe Bode zudem wesentlich am Grundlagendokument "Gemeinsam Kirche sein" von 2015 mitgewirkt. "Du warst und bist ein Bischof für die Menschen auf Augenhöhe. Das ist Deinen theologischen Gedanken, den ungezählten Hirtenbriefen und Deinem Herzensanliegen, Theologie, Glaube und Spiritualität zu verbinden, in besonderer Weise gelungen. Wer Dich erlebt, versteht Deine Worte, Deine Botschaft, Deine Theologie", erklärte Bätzing.

Darüber hinaus dankte der DBK-Vorsitzende Bode auch für dessen Einsatz beim Synodalen Weg: "Nicht nur als Vizepräsident hast Du Dich in unzähligen Sitzungen eingebracht, um mit Deiner Erfahrung und dem Wissen der seelsorglichen Nöte in den Pfarreien eine authentische Sicht der Dinge in viele Dokumente einfließen zu lassen." Im Dialog mit Frauen, Theologinnen und Ordensfrauen sei es Bode ein Anliegen gewesen, bei dem Reformprozess die drängenden Fragen zur Rolle der Frau in der Kirche zu stellen. "Mit Dir verliere ich am heutigen Tag meinen engsten Mitstreiter auf dem Synodalen Weg, der noch viele Wegetappen für uns bereithält", so Bätzing wörtlich.

Bild: ©Synodaler Weg/Maximilian von Lachner

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße äußerte ebenfalls sein Bedauern zum Rücktritt Bodes.

Ausdrücklich ging der Limburger Bischof auf Bodes Umgang mit Missbrauchsfällen im Bistum Osnabrück ein, der ein Grund für dessen Rücktritt war. Mit seinem Schritt übernehme Bode "auch Verantwortung für das Dich wie uns alle seit langem begleitende Thema des sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Du hast früh um Entschuldigung gebeten. Unvergessen ist Dein Bußgottesdienst 2010, als Du – vor dem Altar auf dem Boden ausgestreckt – um Vergebung im Namen der Kirche gebeten hast."

Bodes Wille zur Aufarbeitung, zur Verbesserung des Umgangs mit Betroffenen und Tätern und auch zur systemischen Veränderung der Kirche hätten den 72-Jährigen seither nicht mehr losgelassen. Bätzing weiter: "Es war ein Ringen in Dir, eine innere Zerrissenheit, manchmal auch die Enttäuschung über Mitbrüder – und es ist Deine von Dir am heutigen Tag ins Wort gefasste Verantwortungsübernahme, Deiner bischöflichen Pflicht und der primären Sorge für die Betroffenen sexueller Gewalt nicht immer genügend nachgekommen zu sein. Auch dafür gebührt Dir Respekt und ich sehe es mit großer Anerkennung, dass Du diesen Grund – als einen von mehreren Gründen Deines erbetenen Rücktritts – nicht aussparst."

Heße: Spreche Bode meinen Respekt aus

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, zu dessen Metropolie das Bistum Osnabrück gehört, äußerte ebenfalls sein Bedauern. Zwischen dem Erzbistum Hamburg und dem Bistum Osnabrück gebe es eine lange und enge Verbundenheit, hieß es in einer Mitteilung vom Samstag. Heße sagte über Bode: "Und so danke ich ihm für seinen Dienst in unserer Metropolie und das gute brüderliche Miteinander." Bis 1995 gehörte auch das heutige Erzbistum Hamburg zum Bistum Osnabrück. Mit seinem Rücktritt übernehme Bode "Verantwortung für das uns alle begleitende Thema des sexuellen Missbrauchs in unserer Kirche. Dafür spreche ich ihm meinen Respekt aus", sagte Heße.

Die Vorsitzende des Katholikenrates im Bistum Osnabrück, Katharina Abeln, zeigte sich in ihrer Reaktion "persönlich sehr berührt und überrascht". Sie bedauere die Entscheidung zum Rücktritt sehr, wolle aber auch ihren "hohen Respekt" vor Bodes damit gezeigter  Verantwortungsübernahme aussprechen. Über 25 Jahre habe Bode das Bistum Osnabrück geleitet und gestaltet – als Bischof, Seelsorger, Visionär und Reformer. "Für uns geht somit nicht nur eine Ära im Bistum Osnabrück zu Ende, sondern mit Bischof Bode geht auch ein Mitstreiter auf vielen weiteren Ebenen, besonders auch in der Bischofskonferenz, der viele Themen und Fragen gut platziert, erstritten und weitergebracht hat", so Abeln.

Bild: ©Julia Steinbrecht/KNA

Betroffenenvertreter Matthias Katsch nannte Bodes Schritt "richtig und wichtig".

Zugleich richtete sie ihren Blick auch nach vorne. Gemeinsam mit den Räten, Gremien und Gemeinden der Diözese seien in der Vergangenheit wichtige Wegpunkte für das Bistum markiert worden, die seit vielen Jahren durch die pastoralen Zukunftsgespräche und nicht zuletzt durch das zeitnahe Umsetzen wegweisender Beschlusse des Synodalen Weges geprägt worden seien – "dahinter können und dürfen wir nicht zurück", erklärte die Vorsitzendes Katholikenrates.

Der Geschäftsführer der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, bezeichnete den Rücktritt Bodes dagegen als "richtig und wichtig". Zugleich kritisierte Katsch gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) den Zeitpunkt des Schrittes: "Besser wäre es gewesen, er hätte gleich nach Vorlage der Studie der Universität Osnabrück im vergangenen Herbst die Verantwortung übernommen dafür, wie er mit Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs durch seine Priester in der Vergangenheit umgegangen ist."

Katsch: Wie kommen nun unbelastete Bischöfe ins Amt?

Mit Blick auf Bodes Aussagen zu seinem eigenen Versagen beim Umgang mit Missbrauchsfällen in seinem Verantwortungsbereich im Bistum Osnabrück erklärte Katsch: "Man wünscht sich von Bischof Bode wie bei anderen Bischöfen die Einsicht, dass sie sich nicht einfach entschuldigen können, um dann weiterzumachen nach dem Motto: Ich war Teil dieses Missbrauchssystem und habe Täter geschützt, aber weil ich das System so gut von innen kenne, bin ich auch der geeignete Mann, um es zu verändern." Offenbar funktioniere die Rechenschaftspflicht für Bischöfe, die in der Vergangenheit Täter geschützt hätten, "bisher aber nur selektiv". Dringend müsse die Frage angegangen werden: "Wie kommen nun unbelastete Bischöfe ins Amt, die glaubwürdig den Bruch mit der dunklen Vergangenheit vollziehen können?"

Franz-Josef Bode war am Samstag überraschend als Bischof von Osnabrück zurückgetreten. Am Mittag teilten das Bistum und der Vatikan zeitgleich mit, dass Papst Franziskus Bodes Rücktrittsgesuch entsprochen habe. Bode war seit 1995 Bischof von Osnabrück und zuletzt der dienstälteste Bischof Deutschlands. Bode führte für seinen Rücktritt neben gesundheitlichen Gründen eigene Fehler bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch an. So habe der im September veröffentlichte Zwischenbericht zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Osnabrück "noch einmal deutlich seine eigenen Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen vor Augen geführt".

Bild: ©Synodaler Weg/Maximilian von Lachner

Die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp auf der vierten Synodalversammlung in Frankfurt.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, bezeichnete Bode als "Bischof mit Herz und Haltung". Sein Rücktritt vom Amt markiere aus Sicht der Betroffenen gewiss einen wichtigen Schritt, um auf dem Weg der Bearbeitung des Missbrauchsskandals auf diözesaner Ebene wirklich voranzukommen. Und weiter: "Aus eigenen Fehlern zu lernen und entschieden zu handeln, ist ein Zeichen von Stärke und Einsicht. Bischof Bode ist diesen Weg gegangen. Das ist gut. Gleichzeitig zeigt es, dass er eine sich verändernde Stimmungslage in seinem Bistum sensibel wahrgenommen hat." Zugleich hob die ZdK-Präsidentin Bodes Engagement für den Synodalen Weg hervor. Diesen habe der Bischof als Präsidiumsmitglied maßgeblich mitgestaltet und ihm immer wieder eine Stimme gegeben.

Stetter-Karp würdigte auch Bodes beim Rücktritt geäußertes Bekenntnis, dass er in Sachen Missbrauch selbst lange Zeit eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt habe. Darin zeige sich eine grundsätzliche Problematik der Kirche, erklärte die ZdK-Präsidentin: "Genau diese Blickrichtung ist typisch für Jahrzehnte kirchlichen Handelns. Der Paradigmenwechsel wurde erst ab 2010 eingeleitet, und in vielen Bistümern nur zögerlich. Bis heute bleiben Fragen offen, sind Betroffene nicht ausreichend im Blick. Ich sehe darin im Rückblick erneut, wie wichtig der Synodale Weg der Kirche in Deutschland war. Wir haben uns dort den systemischen Ursachen des Missbrauchsskandals gestellt." Eine wirkliche strukturelle Veränderung der Kirche sei allerdings nicht gelungen. Sie bleibe Aufgabe des sich fortsetzenden Synodalen Wegs.

Betroffenenrat sieht "wichtiges Zeichen sichtbarer Verantwortungsübernahme"

Der gemeinsame Betroffenenrat des Erzbistums Hamburg und der Bistümer Hildesheim und Osnabrück nannte den Rücktritt Bodes ein "wichtiges Zeichen sichtbarer Verantwortungsübernahme" sowie einen "wegweisenden Schritt in die richtige Richtung". "Wir sind sehr zuversichtlich, dass der Aufarbeitungs- und Schutzprozess, der im Bistum Osnabrück durch Bischof Bode 2019 installiert wurde, auch weiterhin konstruktiv und zielgerichtet verfolgt wird", teilte der Rat mit. Weiter hieß es, das "letztendlich konsequente Handeln von Bischof Bode sollte Vorbild für andere Verantwortungsträger" in den deutschen Bistümern sein.

Der Betroffenenrat hatte Bode im Dezember wegen seines Umgangs mit Fällen sexualisierter Gewalt kirchenrechtlich angezeigt. Mit der Anzeige beim Hamburger Erzbischof Heße habe man Bode daran erinnern wollen, nicht täter-, sondern betroffenenorientiert zu handeln und persönlich Verantwortung zu übernehmen, erläuterte der Betroffenenrat.

25.3., 16:25 Uhr: Ergänzt um die Stellungnahme von ZdK-Präsidentin Stetter-Karp.

25.3., 16:55 Uhr: Ergänzt um die Stellungnahme des norddeutschen Betroffenenrats.

Von Steffen Zimmermann