Rolle der Religion bei Gewalt sei nicht immer gut

Kardinal Marx ruft zu Friedensgebeten fürs Heilige Land auf

Veröffentlicht am 02.04.2023 um 14:56 Uhr – Lesedauer: 

München/Wien/Vatikanstadt ‐ Am Palmsonntag hat der Münchner Kardinal Reinhard Marx zum Gebet für den Frieden im Heiligen Land aufgerufen. Dort höre die Gewalt nicht auf – und die Rolle der Religion dabei sei nicht immer gut. Auch anderen Orts gab es eindringliche Worte.

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Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat Gläubige dazu aufgefordert, für Frieden im Heiligen Land zu beten. "Jerusalem: Dieser Name klingt in unserem Ohr seit unserer Kindheit", sagte der Erzbischof von München und Freising laut seiner Pressestelle bei der Palmsonntagsprozession um den Münchner Liebfrauendom, bei der an den Einzug Jesu in Jerusalem gedacht wird. In dieser besonderen Zeit vor Ostern ergehe von Seiten der Kirche "die Einladung, für das Heilige Land zu beten, wo die Gewalt nicht aufgehört hat", fügte Marx an.

Die Rolle der Religion sei dabei "nicht immer gut", sagte der Kardinal weiter. Sie sei etwa als kulturelle Abgrenzung gegen andere missbraucht worden. Der "demütig auf einem Esel einreitende König" Jesus könne dagegen nicht missbraucht werden: "Er führt keine Kriege, er ist ein König des Friedens."

Schönborn wirbt für Österreich als Vermittler

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn wandte seinen Blick am Palmsonntag in die Ukraine. Er warb für eine Vermittlerrolle Österreichs in dem Krieg. Die österreichische Neutralität biete die Chance, um sich als "Plattform und Ort für Friedensverhandlungen" anzubieten, sagte er in der ORF-Pressestunde. Gelungen sei dies bereits öfters in der Geschichte, zuletzt 2015 bei den Syrien-Gesprächen zwischen dem damaligen US-Außenminister Rick Perry und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow – auch wenn dieser Versuch damals letztendlich scheiterte.

Zu Friedensverhandlungen müsse Russland von den Großmächten herausgefordert werden, so der Kardinal weiter. Ziel sei dabei ein gerechter Friede, der den Respekt vor dem angegriffenen Land beinhalte. Geschehenes Unrecht ist nach den Worten Schönborns wiedergutzumachen, Kriegsverbrechen müssten beim Namen genannt werden. Als einen "Skandal" bezeichnete der Kardinal die Verschleppung tausender ukrainischer Kinder nach Russland.

Bild: ©Kathpress / Paul Wuthe

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn.

Österreichs Neutralität dürfe jedoch nicht missverstanden werden als "moralische Neutralität", warnte der Kardinal. Er sei froh, dass Österreich im Ukrainekrieg "klar Position bezogen" habe und Recht und Unrecht beim Namen nenne. Es handle sich um einen mutwillig von Russland ausgelösten, "durch nichts zu rechtfertigenden aggressiven Angriffskrieg" gegen ein "freies, souveränes Land".

Papst feiert Messe wie geplant

In Rom feierte Papst Franziskus wie geplant den feierlichen Gottesdienst zu Palmsonntag auf dem Petersplatz. Wie seit dem vergangenen Sommer üblich leitete der Papst den Ritus im Sitzen, während ein Kardinal am Altar stehend die Eucharistie feierte. Der argentinische Kurienkardinal Leonardo Sandri (79) übernahm diese Rolle. Mehr als 50.000 Menschen auf dem Petersplatz nahmen an dem Gottesdienst teil. Erst am Tag zuvor war der Papst nach einem dreitägigen Krankenhausaufenthalt in den Vatikan zurückgekehrt.

Seine Predigt verlas Franziskus sitzend mit zunächst schwacher, dann aber zunehmend fester Stimme. Er predigte über den letzten Ausruf Jesu am Kreuz, der im Matthäusevangelium mit den Worten überliefert ist: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Der Papst führte aus, dass diese dramatische Erfahrung des Verlassenseins bis heute viele Menschen betreffe. "Es gibt ganze Völker, die ausgebeutet und sich selbst überlassen werden; es gibt arme Menschen, die an den Kreuzungen unserer Straßen leben und deren Blicken wir nicht zu begegnen wagen; Migranten, die keine Personen mehr sind, sondern Nummern; abgewiesene Gefangene, Menschen, die als Probleme katalogisiert werden." Abweichend vom Manuskript erinnerte Franziskus auch an einen deutschen Obdachlosen, der vor einigen Wochen in den Kolonnaden des Petersplatzes einsam und verlassen gestorben war. Über sich selbst sagte der Papst: "Auch ich brauche die Zärtlichkeit Jesu, dass er sich mir zuwendet, und deshalb suche ich ihn in den Verlassenen und den Einsamen."

Beim Angelusgebet im Anschluss an den Gottesdienst war die Stimme des Papstes wieder schwach und heiser. Franziskus erinnerte bei dieser Gelegenheit erneut an das Leiden des ukrainischen Volkes im Krieg und rief zum Gebet für den Frieden auf. (cph/KNA)