Neue Fristen für Beschwerden sollen Rechtssicherheit stärken

Papst ändert Kirchenrecht für entlassene Ordensleute

Veröffentlicht am 03.04.2023 um 12:56 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Wenn Ordensleute aus ihrer Gemeinschaft entlassen werden, haben sie bisher kaum Zeit, um sich dagegen zu wehren. Für Papst Franziskus ein unhaltbarer Zustand. Deshalb hat er nun das Ordensrecht geändert – zum wiederholten Mal.

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Papst Franziskus stärkt die Rechte von Ordensangehörigen, die aus ihrem Orden entlassen werden sollen. Mit einem am Montag veröffentlichten Motu proprio verlängert der Papst die Frist, innerhalb derer ein Ordensmann oder eine Ordensfrau gegen ein Entlassungsdekret aus dem Orden Widerspruch einlegen kann. Bisher mussten Ordensleute innerhalb von zehn Tagen Beschwerde gegen die Entscheidung ihres Oberen einlegen. Mit Inkrafttreten der Änderung am 7. Mai haben sie künftig 30 Tage Zeit.

Papst Franziskus begründet seine Änderung mit dem 1967 für die Reform des Kirchenrechts von der Bischofssynode festgelegten Grundsatz, dass Rechte von Personen angemessen definiert und geschützt werden müssen. Das gelte besonders in den heikelsten Fällen des kirchlichen Lebens, zu denen Fälle gehörten, in denen der rechtliche Status einer Person betroffen ist. Die bisher geltenden Fristen sind nach Ansicht des Papstes nicht mit dem Schutz der Rechte der Person in Einklang zu bringen. Eine längere Frist ermögliche es den Betroffenen, gegen sie erhobene Anschuldigungen besser zu beurteilen und darauf zu reagieren.

Rege Reformtätigkeit im Ordensrecht

Das Motu proprio ändert die Gesetzbücher der lateinischen Kirche (c. 700 CIC) sowie der katholischen Ostkirchen (c. 501 § 2 CCEO). Mit der Änderung werden die Fristen vereinheitlicht. Zuvor hatten entlassene Ordensleute in der Westkirche zehn Tage, in der Ostkirche 15 Tage Zeit für ihren Widerspruch. Im Gesetzbuch der lateinischen Kirche wird außerdem ergänzt, dass die Beschwerde abweichend von den allgemeinen Regeln direkt eingelegt werden kann, ohne dass zuvor die Rücknahme oder Abänderung des Dekrets beantragt werden muss.

Die betroffenen Canones werden mit dem Motu proprio zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit geändert. 2022 hatte der Papst mit dem Motu proprio "Competentias quasdam" verfügt, dass Ordens-Entlassungsdekrete nicht mehr vom Heiligen Stuhl oder bei diözesanen Orden durch den Diözesanbischof bestätigt werden müssen. Das Kirchenrecht sieht eine Entlassung von Mitgliedern aus ihrem Orden bei schweren Straftaten oder anderen schwerwiegenden Gründen vor. Dazu gehören beispielsweise eine ständige Vernachlässigung der Verpflichtungen des geweihten Lebens, hartnäckiger Ungehorsam oder unerlaubte Abwesenheit vom Orden. Für die Entlassung ist ein klar geregeltes Verfahren vorgesehen.

Papst Franziskus hat in der Vergangenheit mehrere Bestimmungen des Ordensrechts geändert. So ermöglichte er 2022 Ordensmitgliedern, die keine Kleriker sind, die Leitung von klerikalen Orden und Gemeinschaften, im selben Jahr beschränkte er die Freiheit von Diözesanbischöfen bei der Gründung neuer Orden. Ein konkreter Anlass wird bei der jüngsten Änderung nicht genannt. Angesichts schwerer Vorwürfe sexuellen und geistlichen Missbrauchs gegen den Jesuiten und Künstler Marko Rupnik könnte allerdings in dieser Sache das neue Recht in einem prominenten Fall zur Anwendung kommen. (fxn)