Ukrainische Regionalparlamente fordern Verbot orthodoxer Kirche
In der Ukraine werden die Rufe nach einem Verbot einer als pro-russisch kritisierten orthodoxen Kirche lauter. Einen Tag nach dem Regionalparlament von Riwne pochten am Dienstag in Luzk auch die Mitglieder der Volksvertretung der Region Wolyn einstimmig auf ein Ende sämtlicher Aktivitäten der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK). Die regionale Militärverwaltung solle die Pachtverträge mit der Kirche über die Nutzung von Sakralbauten, die rechtlich dem Staat gehörten, kündigen, verlangte das Parlament von Wolyn laut ukrainischen Medienberichten.
Es sprach sich demnach mit 54 Stimmen einhellig für ein Verbot der Tätigkeit der UOK in der Region aus. Aktuell gehörten in Wolyn rund 500 Gemeinden oder andere Einrichtungen zu dieser Kirche, hieß es. Auch das Parlament des ebenfalls im Nordwesten der Ukraine gelegenen Riwne hatte einen ähnlichen Antrag einstimmig mit 55 Stimmen angenommen. Beide Regionalräte machten sich bereits vor Monaten für ein landesweites UOK-Verbot per Gesetz stark. Die Regionalparlamente von Lwiw (Lemberg) und Chmelnyzkyj sprachen sich vorige Woche ebenfalls dafür aus, der UOK Gotteshäuser wegzunehmen.
Es gebe viele Beweise, dass diese Kirche die russischen Besatzer unterstützt habe, hieß es in einem Appell des Parlaments von Wolyn an die Mitglieder der UOK vom Dienstag, der auf der Website des Gremiums veröffentlicht wurde. Geistliche hätten etwa bei der Planung von Militärschlägen und der Besetzung von Städten geholfen oder Waffen gelagert. "Wir rufen die Gläubigen der UOK MP [Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats – Anm. der Red.] in Wolyn auf, alle Verbindungen zur russisch-orthodoxen Kirche abzubrechen und endlich die endgültige religiöse Unabhängigkeit der Ukraine von Moskau zu erreichen", so das Parlament.
Dank der rivalisierenden orthodoxen Kirche
An der Sitzung nahm auch der örtliche Metropolit der konkurrierenden Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) teil. Er dankte den Politikern in einer Ansprache vor dem Regionalrat für ihre Entscheidung. Es handele sich nicht um einen Kampf gegen eine Kirche, sondern um einen "Kampf gegen eine religiöse Organisation, die spirituelle Themen im politischen Sinne benutzt", so Metropolit Michael nach Angaben des Parlaments.
Volksvertretungen von Oblasten (Regionen) können Religionsgemeinschaften in der Ukraine nicht verbieten. Dafür bräuchte es ein Gesetz oder einen Gerichtsbeschluss. Auf Initiative von Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj legte die Regierung dem ukrainischen Parlament im Januar einen Gesetzentwurf für ein Verbot von religiösen Organisationen vor, deren Leitungszentrum in Russland ist. Wann die Abgeordneten hierzu eine Entscheidung treffen, ist noch unklar.
In der Ukraine streiten seit Jahren die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK) und die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) um die Vorherrschaft. Die UOK unterstand lange dem Moskauer Patriarchen Kyrill I., der Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstützt. Erst im Mai 2022 sagte sie sich von ihm los und erklärte sich für unabhängig. Dieser Schritt wird aber von der ukrainischen Regierung angezweifelt. Sie unterstützt die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründete OKU. Diese ging aus zwei Kirchen hervor, die sich bereits vor mehr als 30 Jahren vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten. (KNA)