Standpunkt

Eine bessere Performance von Bischöfen allein reicht nicht

Veröffentlicht am 02.05.2023 um 00:01 Uhr – Von Julia Knop – Lesedauer: 

Erfurt ‐ Beim Kampf gegen Missbrauch in der Kirche gehe es nicht um die B-Note der Bischöfe: Es gehe um systemische katholische Faktoren, die Missbrauch begünstigen, kommentiert Julia Knop. Solange diese nicht angegangen werden, werde sich nichts ändern.

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Vor zwei Wochen wurde der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Machtstrukturen und Aktenanalyse" zu Missbrauch und Vertuschung im Erzbistum Freiburg vorgestellt. Sie attestiert Robert Zollitsch, dem langjährigen Personalreferenten, Erzbischof und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, eklatantes Führungsversagen, kriminelle Energie und gezielte Manipulation der Öffentlichkeit.

Danach war es wie immer: Der Nachfolger zeigte sich "fassungslos" ob des regelwidrigen Verhaltens seiner Vorgänger. Andere Bischöfe äußerten sich erschüttert. Es folgten ein, zwei Tage öffentlicher Aufmerksamkeit – und das war's dann auch. Was in den Studien und Gutachten steht, ist ja im Prinzip bekannt. Schlimm, aber irgendwie normal in der Kirche.

Warum konnte Robert Zollitsch so handeln, wie er es tat? Ganz einfach: Weil die katholische Kirche bischöflicher Willkür Raum und Legitimation gibt. Und weil Mitarbeiter:innen und Gläubige, Medien und Politik das lang nicht hinterfragt haben.

Vielleicht war es im Freiburger Ordinariat ein paar Grad kälter als in anderen Bistumsverwaltungen. Vielleicht war Zollitsch skrupelloser als seine Kollegen. Aber es geht nicht um gute oder böse Bischöfe. Es geht nicht um ihre B-Note.

Es geht ums Prinzip. Um den ganz normalen Wahnsinn. Um katholische Faktoren, die Missbrauch durch Kleriker begünstigen. Sie heißen "systemisch", weil sie im System Kirche – in Lehre, Leben und Kirchenrecht – fest verankert sind. In dieser Logik sollen Kleriker "Lai:innen" nicht gleichauf begegnen. Bischöfliche Macht soll nicht begrenzt, geteilt und kontrolliert werden. Niemals soll der Schein des Heiligen zerbrechen.

Doch genau das ist nötig. Es ist gut und schön, wenn der jeweilige Amtsinhaber angesichts des neuerlich dokumentierten Schreckens Lernbereitschaft, regelgerechtes Verhalten und einen kommunikativeren Führungsstil verspricht. Aber eine bessere Performance reicht nicht, um prekäre Normalitäten zu durchbrechen. Strukturen des Bösen müssen strukturell überwunden werden. Das sollte gerade den Bischöfen klar sein, die nach der MHG-Studie zugesagt hatten, systemische Faktoren kirchlichen Versagens zu bearbeiten. Solange Reformen nur innerhalb geltender Regeln für möglich und erlaubt gehalten werden und institutionelle Gegebenheiten nicht grundsätzlich hinterfragt werden, wird diese Kirche ein unheiliges, missbräuchliches System bleiben.

Von Julia Knop

Die Autorin

Julia Knop ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.