Schwester Bettina Berens und ihr Weg ins Kloster

Warum eine Profifußballerin Ordensfrau wurde

Veröffentlicht am 28.05.2023 um 12:15 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 

Mönchengladbach ‐ Bettina Berens ist eine ehemalige deutsche Fußballspielerin. Nach einer Sportverletzung hört sie auf und geht ins Kloster. Warum die 54-jährige heute im Orden lebt und mit wem sie heute kickt, erzählt sie im Interview mit katholisch.de.

  • Teilen:

Bettina Berens war in den 90er-Jahren deutsche Fußballspielerin. Darin war sie ziemlich gut, wie sie selber sagt. Doch nach einer Operation am Fuß hört sie und und wird Ordensfrau. Doch sie tritt noch einmal aus und entscheidet sich neu. Mit wem die heute 54-jährige Ordensfrau gerne kickt, erzählt sie im Interview mit katholisch.de.

Frage: Schwester Bettina, Sie haben in den 1990er Jahren Frauenfußball in der Bundesliga gespielt. Wie kam es dazu?

Schwester Bettina: Ich konnte schon als Kind gut kicken. Es hat mir Spaß gemacht mit einer guten Freundin oder mit den Jungs aus der Nachbarschaft Fußball zu spielen. Meinem Sportlehrer fiel auf, dass ich besser spielte als die Jungs. Er hat mich gefördert und meiner Mutter gesagt, dass ich im Verein spielen sollte. Mit 14 Jahren bin ich dann in den Vereinsfußball eingestiegen. Ich spielte Linksaußen und weil ich beidfüßig schießen konnte, war ich sehr begehrt. Das kann nicht jede Spielerin. Ich hatte einen sehr guten Schuss, ich war technisch sehr gut und ich habe auch viele Tore geschossen. Ich wechselte zum TuS Ahrbach in Westerwald. Mit diesem Verein stieg ich später in die Bundesliga auf, die erst ein Jahr vorher gegründet wurde. Ich sage immer, ich spielte in der zweiten Gruppe der Pionierinnen des Frauenfußballs. Dann wurde ich auch Spielführerin. Ich habe sogar einmal für Deutschland in der Nationalmannschaft gegen Italien in Rom gespielt. Damals war ich auch das erste Mal in Rom und habe den Papst auf dem Petersplatz erlebt. 1996 habe ich dann aber mit dem Spielen aufgehört. Ich war 28 Jahre alt, hatte eine Operation am Sprunggelenk und der Arzt hat mir nahegelegt, meine Fußballkarriere zu beenden.

Frage: Wie war es für Sie, im Rückblick als Frau in der männlichen Domäne des Fußballs?

Schwester Bettina: Wir Frauen haben einfach gerne zusammengespielt und uns gar nicht mit den Männern verglichen. Das war alles noch sehr unkompliziert und wurde nicht von der Genderfrage verkompliziert. Es hat uns einfach Freude gemacht, Fußball zu spielen. Aber das Fußballspielen war schon damals gelabelt. Das heißt, ich habe immer wieder gehört: "Mädchen machen das nicht, Fußball spielen doch nur die Jungs." Das Mädchen Fußball spielen war noch nicht so akzeptiert wie heute. In meiner Familie wurde ich jedoch unterstützt. Meine Mutter und mein Stiefvater haben immer dafür gesorgt, dass ich zum Training gefahren wurde. Meine Patentante war auch Fußballerin. Sie gehörte zu ersten Gruppe der Pionierinnen.

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Frage: Hieß es dann bei Ihnen in der Kindheit sonntags aufs Spielfeld oder in den Gottesdienst?

Schwester Bettina: Ich bin in einer ziemlich katholischen Familie in der Eifel in der Nähe von Bitburg aufgewachsen. Meine Mutter ist sehr gläubig. Daher sind wir sonntags meistens in die Kirche oder eben samstags zur Vorabendmesse gegangen. Die Spiele waren doch eher nachmittags. Während der Woche war dann Training. In der Schule habe ich mich eher schwer getan, auch aufgrund verschiedener Schicksalsschläge, aber mit dem Fußball konnte ich glänzen. Das Spielen war ein wichtiges Ventil für mich.

Frage: Welche Schicksalsschläge meinen Sie denn?

Schwester Bettina: Meine beste Freundin ist mit 8 Jahren gestorben. Auch mein Vater kam vor meiner Geburt auf tragische Weise ums Leben. Später hat meine Mutter dann wieder geheiratet. Und wir sind umgezogen. Das waren viele Umbrüche in meinem Leben. Das Fußballspielen gab mir immer wieder Halt und auch Familie.

Frage: Der Glaube auch?

Schwester Bettina: Ja. Wenn es schwierig in meinem Leben wurde, hatte ich immer die Vorstellung: Da oben im Himmel sitzt ein liebevoller Vatergott. Mein Vater ist gestorben, als meine Mutter mit mir schwanger war. Als Kind habe ich daher oft gehört: "Dein Papa ist im Himmel." Daher war er für mich ein liebevoller Vater dort oben. Diese Vorstellung war wie ein Anker für mich. Ich wusste, da ist ein Vater, der mich bedingungslos liebt. Heute gehöre ich zum Orden der "Schwestern vom Kostbaren Blut". Einmal habe ich einen Satz unsere Ordensgründerin Mutter Paula Emunds gelesen, der mich sehr berührt hat. Da stand: "Gott ist mein Vater und ich bin dein Kind." Da habe ich gewusst, hier bin ich richtig.

Frage: Warum wollten Sie denn in einen Orden eintreten, als Ihre Fußballkarriere zu Ende ging?

Schwester Bettina: Ich war 28 Jahre alt als ich aufhörte, Fußball zu spielen und ich mich neu orientierte und hinterfragte. Ich versuchte herauszufinden, wo ich mit meiner Sehnsucht ankomme, wo ich diese wieder spüre. Zunächst bin ich viel gereist, bin Rennrad gefahren. Auch hatte ich einen guten Job in Luxembourg. Aber ich dachte mir, das ist es nicht, das möchte ich nicht mein ganzes Leben lang machen. Ich habe mich auf den Weg gemacht herauszufinden, wofür ich brenne. Dann habe ich zufällig eine frühere Mitschülerin getroffen. Sie und ich waren früher die "Sportskanonen". Ich wusste, dass sie in einem Orden war. Die Begegnung mit ihr und der Kontakt hat in mir etwas berührt und in Bewegung gebracht. Ich war wieder in Kontakt mit meiner Sehnsucht. Danach habe ich Exerzitien gemacht, Ordensgemeinschaften, wie die Weißen Schwestern besucht. Auf diesem Wege habe ich auch die Gemeinschaft der "Missionsschwestern vom kostbaren Blut" in Neuenbeken kennengelernt, wo ich auch später eingetreten bin.

Frage: Dennoch sind sie nach kurzer Zeit aus dieser Gemeinschaft wieder ausgetreten…

Schwester Bettina: Ja, ich habe den Orden 2003 wieder verlassen. Ich hatte einen Bandscheibenvorfall und dachte, dass ich nochmals etwas anderes brauche. Ich wollte prüfen, ob das wirklich der Weg ist, der mich glücklich macht. 2008 bin ich wieder in den gleichen Orden zurück und habe mein Noviziat in einem Kloster in Österreich begonnen. Das Leben in dieser Gemeinschaft ist mein Leben.

Bild: ©Ramon Mangold

Nachdem Schwester Bettina Maria Berens aus dem Kloster ausgetreten war, trat sie wieder in dieselbe Gemeinschaft ein, dieses Mal ins Missionskloster in Wernberg in Österreich. Ihre ewige Profess feierte sie in der niederländischen Ordensniederlassung in Aarle Rixtel.

Frage: Gehen Sie heute noch ins Stadion oder schauen Sie sich die Spiele an?

Schwester Bettina: Nein, das mache ich nicht mehr. Ich schaue mir regelmäßig die Spiele von Bayern München im Fernsehen an. Damals, als ich meine Fußballkarriere gestartet hatte, war Karl-Heinz Rummenigge mein Vorbild, viele Plakate von ihm hingen in meinem Zimmer. Ich bin diesem Verein treu geblieben, denn ein Club, der einmal das Herz erobert hat, bleibt dort. Zu den früheren Fußballkolleginnen, habe ich keinen Kontakt mehr. Heute kicke ich nur noch mit Kindern und Jugendlichen und freue mich, wenn das Feld nicht zu groß ist und ich noch gut mithalten kann. Hin und wieder helfe ich sonntags beim Projekt "Open Sunday". Wir bieten Sport für Kinder in verschiedenen Hallen in Mönchengladbach an. Da ich eine Übungsleiterlizenz habe, werde ich für diese wertvolle Aktivität angefragt.

Frage: Wenn Sie heute noch kicken, in Ordenstracht oder mit Fußballtrikot?

Schwester Bettina: Fußballtrikot trage ich nicht mehr. Meist kicke in meinem Ordenskleid, was erstaunlich gut. Je nach Anlass trage ich aber auch "Zivil".

Frage: Was machen Sie an den Tagen, wo Sie nicht auf dem Fußballplatz stehen?

Schwester Bettina: Ich spiele nur noch gelegentlich Fußball. In der Kirchengemeinde St. Vitus in Mönchengladbach arbeite ich als Seelsorgerin. Hier begleite ich unter anderem Familien mit Migrationshintergrund. In den vergangenen Monaten war ich sehr engagiert in der Begleitung von ukrainischen Familien. Auch habe ich eine Eltern-Kind-Gruppe geleitet. Ich unterstützte das "Jukomm", eine Kinder- und Jugendeinrichtung in Kooperation mit der Stadt, der evangelischen und katholischen Kirche. Ich habe gerade eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin für Kinder und Jugendliche abgeschlossen. Mir geht es darum, in der Liebe Gottes immer weiter zu wachsen. Das ist heute mein Ziel.

Von Madeleine Spendier