Thema ist Arbeitsmigration – Bischof Wilmer: Ausbeutung und Ungerechtigkeiten

Osteuropa-Hilfswerk Renovabis eröffnet bundesweite Pfingstaktion

Veröffentlicht am 14.05.2023 um 11:09 Uhr – Lesedauer: 
Renovabis-Pfingstaktion 2023
Bild: © Renovabis

Bremerhaven ‐ Mit seiner diesjährigen Pfingstaktion will das Hilfswerk Renovabis den Blick auf Arbeitsmigranten aus Osteuropa lenken. Bei der Eröffnung verwies der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer auf ihre vielfach schlechten Lebensbedingungen in Deutschland.

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Mit einem Gottesdienst auf dem Museumsschiff "Wal" in Bremerhaven hat das katholische Osteuropa-Hilfswerk Renovabis am Sonntag seine bundesweite Pfingstaktion eröffnet. Die Aktion lenkt den Blick in diesem Jahr auf die Situation von Arbeitsmigranten. Das Motto lautet: "Sie fehlen. Immer. Irgendwo. Arbeitsmigration aus Osteuropa". An Pfingsten ruft das Hilfswerk bundesweit in allen katholischen Gottesdiensten zu Spenden auf.

In seiner Predigt verwies der Hildesheimer katholische Bischof Heiner Wilmer auf die vielfach schlechten Lebensbedingungen osteuropäischer Arbeiterinnen und Arbeiter in Deutschland. In der Fleischindustrie, den Schlachthöfen, der Landwirtschaft, beim Spargelstechen, bei privaten Pflegekräften oder bei den Fernfahrerinnen und Fernfahrern gebe es Ausbeutung und große Ungerechtigkeiten. Christen müssten dafür sorgen, dass sich ihre Situation verbessert: durch politische Reformen in der Gesetzgebung, aber auch durch eine gerechte Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen. "Es geht um Gerechtigkeit. Es geht um Würde. Es geht um Hoffnung", sagte Wilmer. "Wir alle können unseren Beitrag dazu leisten, dass es den Menschen, die aus Osteuropa hierherkommen, um hier in Deutschland zu arbeiten, besser geht."

Zuvor hatte Renovabis-Geschäftsführer Thomas Schwartz auch auf die Auswirkungen der Arbeitsmigration für die Herkunftsländer hingewiesen. "Es darf nicht sein, dass Länder wie Albanien und Kosovo die Ausbildungskosten tragen, doch die Arbeitskraft dann nur den westlichen, wirtschaftsstarken Ländern zugute kommt", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Abwanderung von Arbeitskräften sorge in vielen Staaten Ost- und Mitteleuropas für einen großen gesellschaftlichen Schaden.

"Sehr einseitige Verlust- und Gewinnrechnung"

Der Theologe verwies auf das Beispiel Rumäniens. Rund 50 Prozent aller dort in den vergangenen 20 Jahren ausgebildeten Ärzte seien nach Westeuropa und vor allem nach Deutschland gekommen. Für die Ausbildungskosten erhalte das Land jedoch nichts zurück. "Das ist eine sehr einseitige Verlust- und Gewinnrechnung, wobei wir die Gewinner sind."

Um die Arbeitsmigration einzudämmen, unterstützt das Hilfswerk unter anderem Start-Ups auf dem Balkan. In Deutschland setzt es sich dafür ein, dass Arbeitsmigranten fair entlohnt und menschenwürdig behandelt werden.

Renovabis wurde vor 30 Jahren als "Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa" gegründet. Es ist in 29 ehemals kommunistischen Ländern aktiv. Nach eigenen Angaben wurden seit 1993 knapp 26.000 Projekte mit mehr als 842 Millionen Euro unterstützt. Im Mittelpunkt der Förderung standen bisher kirchliche und zivilgesellschaftliche Projekte wie der Bau von Schulen und Pfarrheimen. Seit Beginn des russischen Angriffs leistet Renovabis in der Ukraine auch Nothilfe. Unterstützt wird etwa die Verteilung von Lebensmitteln und Notstromaggregaten sowie die psychologische Betreuung kriegstraumatisierter Kinder. (KNA)