Kreidler-Kos: Haben Segensfeiern an Lebenswirklichkeiten orientiert
Die Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung (AKF) hat eine Handreichung veröffentlicht, in der Segensfeiern etwa für gleichgeschlechtliche Paare oder wiederverheiratete Geschiedene als liturgische Vorschläge formuliert werden. Mitgeschrieben daran hat die Osnabrücker Seelsorgeamtsleiterin Martina Kreidler-Kos. Im Interview spricht sie über Grundlagen und Perspektiven für Segensfeiern für Paare, die sich lieben.
Frage: Frau Kreidler-Kos, mit welcher Grundhaltung sind Sie diese Arbeitshilfe angegangen?
Kreidler-Kos: Wir haben vor etwa drei Jahren mit den Beratungen dafür angefangen. Das war noch nicht im Kontext des synodalen Weges, sondern einfach im Zuge der pastoralen Erfahrung, dass Paare um den Segen bitten, Paare, die nicht kirchlich heiraten können. Wir, die wir für Pastoral zuständig sind in den verschiedenen Bistümern oder mit dieser Erfahrung konfrontiert waren, haben uns Gedanken gemacht, wie man dieser Bitte geordnet und ernsthaft begegnen kann.
Frage: Auf welche Grundlagen haben Sie zurückgegriffen?
Kreidler-Kos: Da war zunächst die Tatsache, dass es Paare mit dem Wunsch nach Segen gibt, aber keine Form dafür. Diesen Wunsch gibt es in allen Bistümern. 2018 hat dann der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz ein Papier herausgebracht mit Vorschlägen, unter welchen Bedingungen ein Segen zukünftig möglich sein soll. Dieses Papier halte ich nach wie vor für gut. Das ist ein Grundimpuls gewesen, dass man sich in der Pastoral offen Gedanken macht, wie das denn gehen könnte.
Frage: Sie haben zwei Formen entwickelt, eine große innerhalb eines Gottesdienstes oder einer Messfeier sowie eine kleine, die etwas schlichter ist. Warum gerade diese beiden?
Kreidler-Kos: Es gibt Paare, aber auch deren Familien, Freund*innen und Gäste, die können sich in einer Eucharistiefeier nur schwer bewegen. Für viele ist dieser Rahmen unvertraut. Dann ist eine kleinere Form besser geeignet. Wir haben uns also an den Lebenswirklichkeiten orientiert.
Frage: Besonders bei der ersten, größeren Form gibt es durchaus Ähnlichkeiten zum Trauritus. Wie sehen Sie das?
Kreidler-Kos: Wir wissen, wie schwierig dieses Gelände ist. Die Art und Form dieser Feiern sind ein heikler Punkt, der zu vielen Verletzungen oder Verwerfungen führt, je stärker man sich abgrenzt bzw. nicht abgrenzt von einem ähnlichen Ritual. Deswegen haben wir um jede Formulierung gerungen, damit Trauung und Segnung nicht in Konkurrenz geraten: Wo Menschen in Liebe zueinanderstehen, ist Gott anwesend. Aber es gibt in der Kirche immer noch manche, die meinen, ein Segen wäre weniger wert. Das ist ein falsches Denken: Das Ehesakrament steht in einem ganz klaren kirchlichen Kontext, eine Segensfeier dagegen ist vor allem eine Feier der Bestärkung für ein Paar.
Frage: Alle Autorinnen und Autoren des Papiers sind Kirchenangestellte, eine Diözese hat sich den Text aber nicht zu eigen gemacht. Wie verbindlich oder offiziell ist denn das, was Sie da geschrieben haben?
Kreidler-Kos: Wir haben seit März den Beschluss des Synodalen Weges, der ein grundsätzliches Ja sagt zu Segensfeiern für Paare, die sich lieben. Der gefundene Kompromiss sieht vor, dass eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken gemeinsam eine verbindliche Form erarbeitet und man nicht einfach auf frühere Vorlagen wie unsere zurückgreift. Das ist völlig in Ordnung, weil dieser Kompromiss auch mit unserer Hilfe erarbeitet wurde. Das heißt, wir stellen unseren Text für dieses Gremium als Arbeitsgrundlage zur Verfügung. Dann muss die Arbeitsgruppe nicht bei Null anfangen.
Frage: Im Papier gibt es auch eine theologische Herleitung. Was darin kaum vorkommt, ist, dass das Lehramt im Rom eine klare Haltung zu solchen Feiern hat: dass es sie nicht geben soll. Wie gehen Sie mit dieser Spannung um?
Kreidler-Kos: In diesem Spannungsverhältnis stehen wir immer: Hier die pastorale Realität und unsere theologische Überzeugung, dort die Vorgaben aus Rom. Das werden wir vielleicht nicht auflösen können, uns aber immer mühen, alles gut ins Verhältnis zu setzen.