Wie ticken Frankreichs junge Katholiken?
In Frankreich haben sich nur wenige Katholiken unter 40 Jahren am weltweiten Hearing vor der anstehenden Weltbischofssynode beteiligt. Papst Franziskus wollte von den Gläubigen wissen, welche Erwartungen sie an die Kirche haben. Angesichts fehlender Masse an Antworten mahnte der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort, zu Vorsicht gegenüber den Ergebnissen. "Wir müssen darauf achten, nicht nur die ältere Generation zu hören", schreibt der Erzbischof von Reims in der "Herder Korrespondenz".
Die französische katholische Tageszeitung "La Croix" hat unterdessen die angemeldeten 30.000 Teilnehmer am Weltjugendtag im August in Lissabon repräsentativ befragen lassen. Die Ergebnisse heben sich deutlich von manchen Erwartungen ab. Angemeldet haben sich die befragten jungen Frauen und Männer über die Bischofskonferenz, über die Neuen Geistlichen Gemeinschaften Emmanuel oder Chemin Neuf sowie über die Priestergemeinschaft Sankt Martin. Befragt wurden sie zu ihren Erwartungen an die Kirche, zu geistlichen Sensibilitäten, ihrer politischen Orientierung sowie ihrer Sicht auf sexuellen Missbrauch in der Kirche.
Kirche als "Leuchtfeuer, das in der Dunkelheit den Weg weist"
Die Zahlen zeichnen laut dem eher liberalen "La Croix" das Bild von "glühenden jungen Katholiken, die gegen den Strom schwimmen"; sie seien "inbrünstig und gegen den Strich". Damit unterschieden sie sich von vorhergehenden Generationen. Die meisten der Befragten kämen überdies aus praktizierenden, konservativen Familien mit einem hohen Bildungsniveau. Im Gegensatz zu älteren Katholiken erwarteten diese jungen Gläubigen nicht, dass sich die Kirche verändert, wie dies die Umfrage im Vorfeld der Weltbischofssynode zeigte.
"Welche Rolle sollte die Kirche in der Gesellschaft haben?", fragte die Zeitung. 59 Prozent der jungen Katholiken wählten die Antwortmöglichkeit: "ein Leuchtfeuer, das in der Dunkelheit den Weg weist". So glaubt mehr als ein Drittel der Befragten, dass sexueller Missbrauch in der Kirche keine strukturellen Ursachen habe, sondern "die Folge böser Persönlichkeiten sind, die die Kirche betrogen und ihre Berufung verraten haben".
Eine Frauenweihe in der katholischen Kirche wird demnach von zwei Dritteln abgelehnt. Demgegenüber haben sich mehr als die Hälfte der Befragten bereits ernsthaft mit der persönlichen Frage nach einer geistlichen Berufung beschäftigt. 80 Prozent der Weltjugendtagsfahrer gaben der Umfrage zufolge an, dass sie sich täglich einen Moment Zeit nehmen, um zu beten.
75 Prozent besuchen demnach wöchentlich die Messe, davon 24 Prozent sogar noch häufiger. Damit nimmt der Gottesdienst einen zentralen Platz im Leben junger praktizierender Katholiken ein. Die Anhänger des vorkonziliaren "Alten Ritus" sind in die Befragung nicht eingeschlossen, da dieser beim Weltjugendtag unerwünscht ist. Umso mehr überrascht das Ergebnis, dass diese Form der Liturgie dennoch von 38 Prozent geschätzt wird. Nur zwölf Prozent sehen darin einen "sinnlosen Rückschritt".
Auch Einfluss auf Debatte der Weltsynode
Die spirituelle Verschiebung unter den jüngeren Katholiken geht auch mit einer politischen Veränderung einher – hin zu einem sozial engagierten, kommunitaristischen Konservativismus. So verorten sich 52 Prozent der Befragten eher rechts der Mitte oder sogar im rechtskonservativen Lager (14 Prozent). Hier hat zuletzt der Präsidentschaftskandidat und krawallige Journalist Eric Zemmour auch im katholischen Lager unter jungen Leuten Resonanz gefunden. Das scheint sich auch in der Umfrage unter den WJT-Teilnehmenden niederzuschlagen. Die politische Linke kommt unter den Befragten lediglich auf eine Zustimmung von 7 Prozent; die Grünen von 5 Prozent.
Diese Zahlen dürften auch auf die Debatten der Weltsynode Einfluss gewinnen. Mit der Umfrage ist nicht zuletzt eine mediale Charmeoffensive des katholischen Frankreich verbunden. Der Chefredakteur von "La Croix", Jerome Chapuis, wird nicht umsonst hervorheben, dass sich diese jungen Menschen in der Gesellschaft und oft für den Ärmsten engagierten. Der Journalist interpretiert "ihren Eifer und ihren hohen Ansprüche in erster Linie als ermutigende Zeichen von Vitalität". Ohne diese Vitalität aber dürfte es um die Kirche in Frankreich schlecht bestellt sein. Dafür sprechen schon die Zahlen.