Anwalt: Gänswein verzögert "Papst-Benedikt-Verfahren" in Traunstein
Im "Papst-Benedikt-Verfahren" am Landgericht Traunstein hat Klängeranwalt Andreas Schulz Erzbischof Georg Gänswein Verzögerung vorgeworfen. "Die Strategie des Testamentsvollstreckers Georg Gänswein zielt darauf ab, die Ungewissheit, ob und welche Erben überhaupt existieren, dafür zu nutzen, um das Verfahren in der Warteschleife zu halten", sagte Schulz dem Rechercheteam von "Correctiv", "BR" und "Zeit" am Dienstag. Der frühere Privatsekretär Benedikts XVI. versuche, den verstorbenen Papst auch posthum noch zu schützen. Ohne Erben, so der Anwalt, drohe das Verfahren um die Rolle Ratzingers in dem Fall eingestellt zu werden.
Anfang des Monats war bekannt geworden, dass eine Cousine des ehemaligen Papstes Benedikt XVI. dessen Erbe ausgeschlagen hat. Als Grund nannte die Tochter der 88-Jährigen vor allem die Unwägbarkeiten hinsichtlich möglicher Kosten, etwa für Erbschaftssteuer, einen Anwalt sowie die Schadensersatzklage am Landgericht Traunstein, die sie ebenfalls erben würde. Gänswein hatte sich in einem Brief an die 88-jährige Cousine des ehemaligen Kirchenoberhaupts gewandt. Ratzinger habe die Frau in seinem Testament nicht explizit bedacht, doch "gemäß der vatikanisch-italienischen Erbfolgeregelung" seien die nächsten Verwandten davon in Kenntnis zu setzen, dass sie als mögliche Erben infrage kämen, so Gänswein. Die Summe des Erbes ist den Berichten zufolge bisher nicht beziffert.
Erzbistum, Täter, Kardinal und Papst vor Gericht
Im Traunsteiner Zivilprozess soll geklärt werden, ob kirchliche Vorgesetzte in Haftung genommen werden können für den Schaden, den ein Mann aufgrund des Missbrauchs durch einen Priester in Garching erlitten hat. Die Klage richtet sich gegen die Erzdiözese München und Freising als Körperschaft und drei Personen: den Täter sowie die früheren Münchner Erzbischöfe Kardinal Friedrich Wetter (1982-2008) und Kardinal Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. (1977-1982) – im Falle des verstorbenen Papstes gegen seine Erben.
Der Kläger gibt an, vom früheren Garchinger Pfarrer Peter H. missbraucht worden zu sein. Der Fall Peter H. nimmt im Missbrauchsgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW), das im Januar 2022 vorgestellt wurde, großen Raum ein. Das Erzbistum München und Freising ist nach eigener Aussage bereit, "zur Anerkennung des Leids des Klägers ein angemessenes Schmerzensgeld zu leisten und für darüber hinausgehende Schadensersatzbegehren eine angemessene Lösung zu finden". Damit kommt auch ein Vergleich in Betracht. (ben)