"Barbarei kennt keine Grenzen"
Papst Franziskus zeigte sich am Montag bestürzt über den Mord an den Kopten. "Sie wurden ermordet, weil sie Christen sind", sagte er vor einer Delegation der reformierten Kirche von Schottland. "Das Blut unserer christlichen Brüder ist ein Zeugnis des Aufschreiens, ganz gleich ob es Katholiken, Orthodoxe, Kopten oder Lutheraner sind: Sie sind Christen, die mit ihrem Blut Christus bekennen", sagte der Papst. Es gebe Märtyrer unter allen Christen.
Die Deutsche Bischofskonferenz sprach von "unfassbarem Terror". Den Tätern seien Menschenleben nichts wert, sagte Sprecher Matthias Kopp in Bonn. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick rief über den Kurznachrichtendienst Twitter zum Gebet für die Opfer auf. "Dieser Barbarei muss ein Ende gemacht und Friede geschaffen werden", schrieb Schick, der auch Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz ist.
Bundespräsident Joachim Gauck kondolierte dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Das "barbarische Vorgehen" der Täter erschüttere ihn zutiefst, schreibt der Bundespräsident. Die Tat verdeutliche, wie gefährdet religiöse Minderheiten derzeit seien. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel drückte in einem Telegramm an al-Sisi ebenfalls ihr Beileid aus und bekräftigte ihre Unterstützung im Kampf gegen den IS-Terror. Die Bundesregierung verurteile "diesen barbarischen Terrorakt auf das Schärfste", heißt es in dem Schreiben.
Islamisten verfolgen die Kopten in der Region bereits seit Jahren
Die koptische Kirche in Ägypten forderte unterdessen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, sagte der "Bild"-Zeitung, die Christen seien als Gastarbeiter in Libyen gewesen und "gerade auf dem Heimweg nach Ägypten, als ihr Bus von den Terroristen aufgehalten wurde". Diese verlangten die Ausweise der Gastarbeiter und zwangen die Kopten zum Aussteigen. "Zuerst dachten wir an eine Entführung, doch eine Lösegeld-Forderung wurde nie gestellt", so Bischof Damian weiter.
"Wir wollten, dass diesen Menschen geholfen wird - doch die Behörden taten nichts. Und jetzt wurden diese Menschen getötet, nur weil sie Christen sind", so der Bischof weiter. Islamisten verfolgten die Kopten in der Region bereits seit Jahren mit extremer Gewalt. "Männer werden systematisch gesucht, verfolgt, ermordet! Unsere Frauen und Mädchen werden auf offener Straße attackiert, weil sie kein Kopftuch tragen", sagte Damian. In Ägypten leben etwa 88 Millionen Menschen, rund zehn Prozent davon sind Christen. Die koptische Kirche ist die größte christliche Gemeinschaft im arabischen Raum.
In dem Video ist zu sehen, wie Dutzende in Schwarz gekleidete Männer ihre Geiseln in orangen Overalls an einen Strand schleppen, der zur Mittelmeerküste gehören soll. Jeder Dschihadist führt eine Geisel, jeder hält ein Messer. Ein Sprecher der Gruppe sagt, sie stünden "heute im Süden Roms, in Libyen". An den Westen gerichtet sagt er: "Wir werden das Meer mit eurem Blut tränken." Im Anschluss ist zu sehen, wie die Dschihadisten die Köpfe ihrer Geiseln abschneiden. Die auf Islamisten spezialisierte Beobachtergruppe Site hält das Video für echt. Die Mitglieder der Gruppe sollen zwischen Ende Dezember und Anfang Januar in Libyen verschwunden sein. Der IS hatte vergangene Woche erklärt, die Christen in seiner Gewalt zu haben.
Auch die US-Regierung hat die Ermordung als "feige" und "verabscheuungswürdig" verurteilt. "Die Barbarei des IS kennt keine Grenzen", hieß es in einer am Sonntagabend (Ortszeit) veröffentlichten Erklärung. Das Verbrechen unterstreiche erneut die dringende Notwendigkeit einer politischen Lösung im Konflikt in Libyen, "von dessen Fortsetzung nur Terroristengruppen wie der IS profitieren", erklärte das Weiße Haus. Auch die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates nannten die Tat abscheulich. Sie unterstreiche die Brutalität des IS, hieß es in einer Mitteilung des Gremiums.
Erstes Video des libyschen IS-Ablegers
Das Enthauptungsvideo ist die erste als Video veröffentlichte Gräueltat des libyschen Ablegers der ursprünglich in Syrien und im Irak kämpfenden IS-Miliz. Ebenfalls am Sonntag veröffentlichten die libyschen Kämpfer Bilder, die die Einnahme eines strategisch wichtigen Küstenabschnittes nahe Sirte zeigen sollen. Im vergangenen Oktober hatten Dschihadisten aus dem zwischen mehreren Milizen umkämpften Land dem IS die Treue geschworen. Auch in Algerien und Ägypten hat der IS mittlerweile Ableger. Die ägyptischen Anhänger verbreiteten ebenfalls bereits Enthauptungsvideos aus dem Nordsinai.
Nachdem Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi am Sonntag in einer Fernsehansprache eine "angemessene Reaktion" angekündigt hatte, hat die ägyptische Luftwaffe am Montagmorgen Stellungen der IS in Libyen angegriffen. Die Flugzeuge hätten Stellungen sowie Waffen- und Munitionslager der Terrormiliz bombardiert. Die Ziele seien präzise getroffen worden. (bod/dpa/KNA)
16.02.2015, 12.03 Uhr: Statement von Erzbischof Ludwig Schick ergänzt.
16.02.2015, 12.19 Uhr: Statement von Papst Franziskus ergänzt.
16.02.2015, 15.01 Uhr: Statement der Deutschen Bischofskonferenz ergänzt.
16.02.2015, 17.30 Uhr: Statement von Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel ergänzt