Die Weltkirche will an der Basis Reformen
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Bei meiner ersten theologischen Konferenz außerhalb Europas war ich in Indien. Zum Tagungsthema "Synodalität" präsentierte ich ein Paper zum Synodalen Weg. Ich hob hervor, dass viele Synodale neue Wege suchten, Missbrauch zu verhindern – und kritisierte umso stärker, dass der Prozess viel zu stark in die Machtstruktur der Kirche eingefügt war und daher die berechtigten Erwartungen nicht erfüllen konnte. Ehrlicherweise ging ich davon aus, dass ich mit meiner progressiven und kritischen Perspektive nicht durchdringen würde.
Es passierte das Gegenteil: viel Unterstützung für die Reformbemühungen des Synodalen Wegs, viel Zuspruch für meine machtkritischen Überlegungen – vor allem von indischen Ordensschwestern. Doch einige Bischöfe, Priester und auch Priesteramtskandidaten sahen das ganz anders – in Erinnerung bleibt mir eine Kleingruppe: Eine indische Ordensschwester und ich schilderten unsere positiven Erfahrungen mit demokratischen und geschlechtergerechten Strukturen in Kirche – sie aus ihrem Orden, ich aus den Jugendverbänden. Danach moderierte ein indischer Priesteramtskandidat unser Gespräch ab: Am Ende müsse ja immer einer entscheiden, das sei in der Kirche der Priester, und das sei eben immer ein Mann. Unsere Erfahrungen hatte er in seinem Statement schlichtweg ignoriert.
Kritik aus der Weltkirche an Reformbemühungen in Deutschland stammt vor allem von Priestern und Bischöfen. Ich habe viel zu lange geglaubt, dass sie für die Gläubigen ihrer Länder sprechen. In Indien habe ich dank der Ordensschwestern, die sich auf beeindruckende Weise Gehör verschafften, gelernt: Sie tun es nicht. Die Stimmen der marginalisierten Gruppen – wie die der indischen Ordensschwestern, die häufig unter Machtmissbrauch von Klerikern leiden und deshalb Reformen fordern – dringen schlichtweg nicht zu uns durch. Die Kirche in Deutschland sollte bei ihren Reformbemühungen Stimmen aus der Weltkirche wahrnehmen – aber in Zukunft viel mehr die der marginalisierten Gruppen, die häufig fordern: Weitermachen!
Der Autor
Simon Linder hat Katholische Theologie und Allgemeine Rhetorik studiert und arbeitet an einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt zum Thema "Streitkultur".Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.