Theologe Hanspeter Heinz erhält die Buber-Rosenzweig-Medaille

"Die Treue Gottes begreifen"

Veröffentlicht am 07.03.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
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Auszeichnung

Ludwigshafen ‐ Angst vor islamistischem Terror, vor Pöbeleien auf der Straße und im Internet: Das gehört derzeit für viele Juden in Deutschland zum Alltag. Und ist für Vertreter aus Politik und Gesellschaft ein Anlass zu Sorge. Eine Sorge, die auch mitschwingt, wenn der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, immer wieder betont: "Ich halte jüdisches Leben in Deutschland weiterhin für möglich."

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Allein aus diesem Grund dürfte die Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille am Wochenende in Ludwigshafen erhöhte Aufmerksamkeit in den Medien finden. Die nach den jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929) benannte Auszeichnung des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit geht diesmal an den Augsburger Theologen Hanspeter Heinz. Den undotierten Preis erhält damit einer der profiliertesten katholischen Köpfe aus Deutschland im Dialog mit dem Judentum. Seit 1974 leitet Heinz den Gesprächskreis "Juden und Christen" im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), der ebenfalls mit der Medaille geehrt wird.

Glauben im Austausch mit dem Judentum vertieft

Das Gespräch mit den "älteren Geschwistern im Glauben" ist Heinz, Jahrgang 1939, nach eigenen Aussagen ein Herzensanliegen. Die Wurzeln dafür reichen in die Schulzeit zurück, die der älteste Sohn des Pharmafabrikanten Peter Heinz am Bonner Aloisiuskolleg 1959 mit dem Abitur abschließt. Knapp anderthalb Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkrieges und des Holocaust sei er "fassungslos" gewesen, "wie so etwas wie Auschwitz im christlichen Abendland passieren konnte". Heute, mit 75, lautet seine Bilanz: "Im Austausch mit dem Judentum habe ich begriffen, was die Treue Gottes bedeutet. Nichts anderes hat so sehr zur Vertiefung meines eigenen Glaubens beigetragen."

Hanspeter Heinz
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Der Theologe Hanspeter Heinz leitet seit 1974 den Gesprächskreis "Juden und Christen" beim ZdK.

Als prägend für seinen theologischen Werdegang nennt der Priester und spätere Professor für Pastoraltheologie in Augsburg, der eigentlich Mathematiker hatte werden wollen, sein Studium an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom von 1959 bis 1962. Heinz gehört damit zu jener Generation von Theologen, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) intensiv miterlebten und später umso mehr darunter litten, als die Kraft des Aufbruchs jener Tage allmählich hinter kirchlicher Routine zurücktrat.

Rund 30 Jahre gehörte er der Fokolar-Bewegung von Chiara Lubich an, der auch Klaus Hemmerle (1929-1994) nahestand. Mit dem Aachener Bischof, Vorgänger von Heinrich Mussinghoff, verband ihn eine langjährige Freundschaft. Beide waren zudem lange Jahre im Zentralkomitee der deutschen Katholiken tätig.

Seine spitze Zunge und Schwerpunkte führten zu Debatten

Von den amtierenden Bischöfen gehört der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, zu denen, die ihm am nächsten stehen. Mit seiner spitzen Zunge hat sich der gebürtige Bonner Heinz als "Rheinländer von Geblüt und Gemüt" im kirchlichen Establishment allerdings nicht immer Freunde gemacht.

Ein Beispiel ist sein Engagement für den Schwangerenberatungsverein "Donum Vitae", der 1999 gegründet worden war, nachdem die katholische Kirche in Deutschland auf Weisung des damaligen Papstes Johannes Paul II. aus dem staatlichen System der Schwangerenkonfliktberatung ausgestiegen war. 1996 löste Heinz mit einem Artikel über "Homosexualität und geistliche Berufe" eine heftige Debatte aus. Acht Jahre später prangerte er Mängel in der Priesterausbildung an und kritisierte eine "unkontrollierte oder zu wenig geprüfte Aufnahme von Kandidaten".

Persönliche Angriffe pflege er mit Humor zu parieren, sagt der Theologe, der 2013 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet wurde. "Sachdebatten kann ich mit der Entschiedenheit eines Skorpions führen." Seine Lehrtätigkeit endete zwar vor einigen Jahren. Aber als Leiter des Gesprächskreises "Juden und Christen" will er sich weiter öffentlich einbringen. Auf Katholikentagen, in wissenschaftlichen Foren, aber auch in politischen Diskussionen. Ihn beunruhigt vor allem die neue anonyme Judenfeindlichkeit im Internet. Ein "Antisemitismus ohne Antisemiten" sei das - dem man entschieden entgegentreten müsse.

Von Sascha Pöschel (KNA)