Zahl der Abtreibungen sinkt weiter
Verharrten die Zahlen der Abbrüche in den 90er Jahren zunächst um die 130.000, so erreichten sie 2001 den Höchststand von 134.964. Seit 2004 sinken die Werte stetig. Lebensschützer wenden ein, dass gleichzeitig auch die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter abnimmt. Von einer Verbesserung könne also keine Rede sein. Die Statistiker verweisen demgegenüber aber auch auf die seit 2004 im Trend zurückgehende Abtreibungsquote : Hatten im Jahr 2000 noch durchschnittlich 68 von 10.000 Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 49 Jahren eine Abtreibung durchgeführt, waren es 2010 noch 59 und 2013 noch 57. Jetzt ging diese Rate nach vorläufigen Berechnungen auf 55 zurück.
Gleichbleibend rund 97 Prozent der Abbrüche werden nach der Beratungsregelung durchgeführt. Leichte Veränderungen gab es in anderen Bereichen der Abtreibungsstatistik. In den vergangenen Jahren hat der Anteil der Frauen, die zum Eingriffszeitpunkt verheiratet waren, beständig abgenommen - und zwar von 52,3 Prozent im Jahr 1996 auf 37,7 Prozent 2014. Zugleich hat sich der Anteil der Schwangerschaftsabbrüche bei unter 18-Jährigen an der Gesamtzahl bei rund 3,6 Prozent stabilisiert; nach einem deutlichen Anstieg zu Beginn des Jahrtausends ist dieser Wert beinahe auf den Stand von 1996 zurückgekehrt. 1996 hatten 36,5 Prozent der Frauen, die sich gegen die Schwangerschaft entschieden, noch keine Kinder geboren. 2014 betrug dieser Anteil 39,4 Prozent.
Ursprüngliches Gesetz kritisiert
Seit 1996 erhebt das Bundesamt vergleichbare Daten für ganz Deutschland. Zuvor wurden die Fälle in Ost und West nach unterschiedlichen Methoden erhoben. Zwar seien in der DDR von jeher alle Abbrüche erfasst worden. In den alten Bundesländern mussten Krankenhäuser jedoch erst seit 1996 ihre Adressen auf den Meldebögen angeben; vorher fiel es nicht auf, wenn sie keine Abbrüche meldeten.
In der Folge der deutschen Einheit musste der Bundestag eine gesamtdeutsche Regelung des Paragraphen 218 finden. Eine erste, von SPD und FDP sowie 32 Unionsabgeordneten beschlossene Fristenregelung mit Beratungspflicht kassierte das Bundesverfassungsgericht 1993. Es beanstandete, dass der Gesetzgeber die Abtreibung als "nicht rechtswidrig" bezeichnet hatte. Die Richter rügten auch das Beratungskonzept, da es keinen ausdrücklichen Auftrag an die Berater enthielt, "die schwangere Frau zum Austragen des Kindes zu ermutigen".
Soziale Maßnahmen sollen Entscheidung für das Kind erleichtern
Im Sommer 1995 beschloss der Bundestag daraufhin eine modifizierte Fristenlösung mit Beratungspflicht: Demnach sind Abtreibungen in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten rechtswidrig, bleiben aber straffrei, wenn sich die Frau mindestens drei Tage vor dem Eingriff beraten lässt. Die Beratungspflicht entfällt bei medizinischer Indikation und nach Vergewaltigungen. Besteht Gefahr für das Leben oder den körperlichen oder seelischen Gesundheitszustand der Mutter, ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt möglich. Begleitende soziale Maßnahmen sollen aber prinzipiell die Entscheidung für das Kind erleichtern.
Die katholische Kirche in Deutschland engagiert sich seit Jahrzehnten in der staatlichen Schwangerschaftskonfliktberatung. Seit 1999 stellt sie aber auf Weisung des damaligen Papstes Johannes Paul II. (1978-2005) keine Beratungsscheine mehr aus, die für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch erforderlich sind.
Von Christoph Arens (KNA)