Missbrauch: Schützte Erzbischof Fernández Täter und ignorierte Opfer?
Die Organisation “BishopAccountability.org” kritisiert die Ernennung von Erzbischof Víctor Fernández als Präfekt des Glaubensdikasteriums. Ihr Vorwurf: Fernández habe als Erzbischof von La Plata einen Täter geschützt und Opfern sexuellen Missbrauchs nicht geglaubt. "Für seinen Umgang mit diesem Fall hätte gegen Fernández ermittelt werden sollen", statt ihn auf einen der höchsten Posten in der Kirche zu befördern, schreibt die Vize-Chefin des Informationsdienstes zu Missbrauch und Missbrauchsvertuschung, Anne Barrett Doyle, in einer Stellungnahme am Wochenende. Mit seinem Handeln habe Fernández die Sicherheit von Kindern gefährdet und den beschuldigten Priester auf seinem Pfarrposten gehalten, selbst nachdem sich weitere Opfer gemeldet hatten.
"BishopsAccountability" berichtet, dass Fernández 2019 einen Priester, der elf Jahre zuvor unter Missbrauchsverdacht stand, an eine Schule versetzen wollte. In diesem Zusammenhang erinnerten Eltern an eine Klage wegen sexuellen Kindesmissbrauchs gegen den Priester. Fernández veröffentlichte auf der Website der Erzdiözese einen Brief des Geistlichen, in dem er die Anschuldigung zurückwies und auf die Einstellung des Verfahrens verwies. Aufgrund der aufgeheizten Stimmung bat der Priester den Bischof, von der geplanten Versetzung Abstand zu nehmen. Der Erzbischof stimmte dem Priester zu und schrieb, dass seine Kritiker eine Agenda verfolgten, um den Geistlichen "lächerlich zu machen".
Im März 2019 wurden erneut Ermittlungen gegen den Priester aufgenommen. Damals sei Fernández in die Pfarrei des Priesters gekommen, um mit ihm eine Messe zu konzelebrieren. Auch als sich bis Herbst weitere mutmaßliche Opfer des Geistlichen gemeldet hatten, habe Fernández den Priester in der Pfarrseelsorge belassen, ihn aber in diesem Zusammenhang an die Präventions-Regeln der Erzdiözese erinnert, die es Priestern verbietet, mit Minderjährigen allein zu sein. Im selben Jahr offenbarten sich in Medienberichten mutmaßliche Opfer und berichteten ausführlich von sexueller Gewalt und Annäherungstaktiken des Priester.
Vorwurf: Fehlende Sensibilität im Umgang mit Missbrauch
Nach Fortschreiten des Strafverfahrens gegen den Geistlichen, entfernte der Erzbischof ihn schließlich aus der Pfarrei und nannte dafür "gesundheitliche Gründe". Nachdem ein Richter im Dezember 2019 die Verhaftung des Geistlichen angeordnet hatte, tötete sich der Beschuldigte selbst. Fernández veröffentlichte daraufhin eine kurze Erklärung, in der er sagte, dass der Geistliche sich "nach langen Monaten enormer Spannungen und Leiden" umgebracht habe. "Er sprach keine Worte des Trostes an die Opfer aus, sondern sagte nur, dass er für diejenigen beten werde, 'die durch die Anschuldigungen gegen den Priester beleidigt oder betroffen waren'", schreibt "BishopsAccountability". Zu diesem Zeitpunkt hatten sich laut "BishopsAccountability" fünf Opfer öffentlich gemeldet. Fernández feierte im Dezember 2019 die Totenmesse für den Geistlichen. Opfer kritisierten die Feier als "Rechtfertigung für die Missbräuche" durch den Bischof. Medienberichte werfen Fernández fehlende Gesprächsbereitschaft und Sensibilität im Umgang mit dem vielbeachteten Missbrauchsfall in Argentinien vor.
Dem Präfekten des Glaubensdikasteriums untersteht auch eine Sektion, die sich mit Missbrauchsfällen auf der ganzen Welt beschäftigt. Ab September werde Fernández "immense Macht haben, besonders wenn es darum geht, Priester zu verurteilen und zu bestrafen, die Kinder missbrauchen", so BishopAccountability.org. Nichts an seiner Leistung deute darauf hin, dass er geeignet sei, "den Kampf des Papstes gegen Missbrauch und Vertuschung zu führen".
Wegen der Verantwortung des Dikasteriums in Sachen Missbrauch habe er die Berufung auf diesen Posten abgelehnt, schrieb Fernández in einer Stellungnahme zu seiner Berufung. "Dieses Thema schmerzt und beschämt uns alle und ich fühle mich nicht ausreichend dazu befähigt oder ausgebildet, so etwas zu leiten." Der Papst sei ihm daraufhin entgegengekommen und habe versichert, dass er sich nicht schwerpunktmäßig mit Missbrauch befassen müsse, schließlich gebe es in der Behörde ein Team von Spezialisten für diese Thematik, das sehr gut und weitgehend autonom arbeite, so der Papst. (ben)