Pollack: Katholische Kirche in "tödlichem" Selbstwiderspruch gefangen
Der Religionssoziologe Detlef Pollack sieht die katholische Kirche in Deutschland an der Grenze ihrer Reformfähigkeit angekommen. Weiterreichende Strukturreformen stellten eine "tödliche Gefahr für die Institution" dar, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag). Wenn die Differenz zwischen Priesterschaft und den Laien außer Kraft gesetzt werden solle, werde das Wesen von Kirche als "heilige Institution" angegriffen: "Eine solche Operation überlebt die katholische Kirche nicht, oder sie ist nicht mehr die katholische Kirche."
"Tödlicher" Selbstwiderspruch
Die katholische Kirche sei in einem "tödlichen" Selbstwiderspruch gefangen, sagte Pollack. Nach katholischem Verständnis sei das Wirken der Kirche die Vorwegnahme göttlichen Heils. Dies werde gestützt durch die Priesterschaft, der ein eigener Zugang zum Heiligen zukomme. Gerade diese Überhöhung des geistlichen Amtes habe sich als Einfallstor für Missbrauch erwiesen. Es gebe ein "unauflösbares Spannungsverhältnis zwischen Moderne und katholischer Kirche".
Viele Bischöfe in Deutschland seien durchaus reformwillig, sagte Pollack. Doch die Mehrheit von ihnen täusche sich über die Reformierbarkeit ihrer Kirche. "Die Frage ist tatsächlich: Warum passiert so wenig? Und ich sage: weil nichts passieren kann." Die katholische Kirche würde sich selbst aufgeben, wenn sie die Reformen so weit treibe, wie es notwendig sei.
Mit Blick auf die in der vergangenen Woche veröffentlichten Kirchenaustrittszahlen der deutschen Bistümer spricht Pollack von einem Abriss infolge enttäuschter Erwartungen. Die Kirchenbindung der Katholiken sei inzwischen auf "protestantisches Niveau" gesunken. Er sprach von einem "disruptiven Geschehen". (epd)