Ex-Mitglieder reichen Klage gegen Opus Dei beim Vatikan ein
In Spanien haben ehemalige Mitglieder des Opus Dei die Vereinigung wegen institutionellem Betrug beim Erlassen von Regelungen beim Vatikan angezeigt. Sie werfen der Personalprälatur vor, durch die Anwendung eines eigenen internen Regelwerks die kirchenrechtliche Gesetzgebungskompetenz des Papstes zu unterlaufen, berichtete die spanische Nachrichtenseite "Religión Digital" am Montag unter Berufung auf die bei der Apostolischen Nuntiatur in Madrid eingereichte Anzeige. Die Ex-Mitglieder aus verschiedenen Ländern, von denen eines 42 Jahre lang dem Opus Dei angehörte, haben sich mit ihren Bedenken demnach an das Klerus- und das Glaubensdikasterium gewandt.
Die Verfasser der Anzeige bezeichneten ihre vorgebrachten Kritikpunkte als "unumstößlich", heißt es weiter. 46 interne Dokumente des Opus Dei, die der schriftlichen Anzeige beigefügt wurden, würden belegen, dass sich die Vereinigung illoyal gegenüber dem Papst, der Kirche und den eigenen Mitgliedern der Prälatur verhielte. Innerhalb des Werks gebe es zahlreiche interne Normen, die beachtet werden müssten, die vom Papst erlassenen Statuten seien hingegen nicht bestimmend für das Leben innerhalb des Opus Dei.
Opus-Dei-Gründer werde "messianische Aura" zugebilligt
"Das Schlimmste ist: Dieser Hintergrund an Regeln ist der Ausgangspunkt für den Missbrauch von Macht, des Gewissens und geistlichen und sexuellen Missbrauch", sagte einer der Unterzeichner der Anzeige, Antonio Moya, laut "Religión Digital". Die ehemaligen Mitglieder hätten in ihrer Anzeige bewusst auf die Bezeichnung des Werks als Sekte verzichtet, da ihrer Meinung nach der Vatikan eine solche Bestimmung vornehmen müsse. Doch Moya weiter: "Das Opus gründet auf einer asymmetrischen Beziehung, die Kennzeichen einer zerstörerischen Sekte zeigt." Seiner Meinung nach sei ein damit zusammenhängendes Problem die Idealisierung der Figur des Gründers des Opus Dei, des heiligen Josefmaria Escrivá. Ihn umgebe innerhalb der Vereinigung eine "messianische Aura", die ihn bedeutender als den Papst und auf einer Stufe mit Moses oder dem heiligen Paulus erscheinen lasse.
Das Opus Dei in Deutschland wies die Anschuldigungen der Anzeige indes zurück. "Die Einheit mit dem Heiligen Vater ist ein prägendes Kennzeichen des Opus Dei", hieß es aus der Pressestelle der Personalprälatur in Köln. Der Vatikan sei neben den Statuten auch im Besitz aller weiteren geltenden Normen der Vereinigung. "Ebenso verfügt der Heilige Stuhl über alle nicht-normativen Dokumente, in denen Erfahrungen in der Ausbildung, der Spiritualität und der Leitung des Opus Dei sowohl auf regionaler als auch lokaler Ebene gesammelt werden." Man respektiere jedoch die Freiheit der beschwerdeführenden Personen und stehe "für einen versöhnlichen Dialog" zur Verfügung.
Im April hatte das Opus Dei bei einem außerordentlichen Generalkongress über eine Änderung der Statuten von 1982 beraten. Anlass war die Neuordnung der Organisation im vergangenen Jahr durch Papst Franziskus. In dem Erlass "Ad charisma tuendum" (Zum Schutz des Charismas) legte das Kirchenoberhaupt fest, dass das Opus Dei im Vatikan künftig nicht mehr der Bischofs-, sondern der Klerusbehörde unterstellt sei. Zudem würden die nächsten leitenden Prälaten nicht mehr den Rang eines Bischofs haben. Seine Statuten soll das Opus Dei selbst an die neuen päpstlichen Anforderungen anpassen und der zuständigen Vatikanbehörde übergeben. Abfassung, Änderung und Einführung neuer Vorschriften sind dem Heiligen Stuhl vorbehalten. (rom)
10.07.2023, 12.30 Uhr: ergänzt um Erklärung des Opus Dei Deutschland vom heutigen Tag.