Auch er selbst sei bereits angespuckt worden

Jerusalemer Patriarch: Attacken auf Christen fast "normales Phänomen"

Veröffentlicht am 14.07.2023 um 09:24 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Aggressionen habe es immer gegeben – neu sei die Häufigkeit, sagt der Jerusalemer Patriarch Pierbattista Pizzaballa zu den Spuckattacken gegen Christen im Heiligen Land. An Regierungen appelliert er, mit Israel über Lage der Christen zu sprechen.

  • Teilen:

Christen in Israel werden nach Worten des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, immer öfter Opfer von Attacken. Zwar habe es auch in der Vergangenheit immer wieder Aggressionen gegen Christen von jüdischer Seite gegeben, sagte Pizzaballa im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). "Neu ist die Häufigkeit, mit der sie geschehen – und die Tatsache, dass sie fast schon ein 'normales' Phänomen sind."

Neben Beleidigungen würden Christen vor allem bespuckt – auch er selbst sei bereits anspuckt worden, gab der Patriarch an. Die Gründe dafür sieht der aus Italien stammende Geistliche hauptsächlich in der Erziehung. "Es gibt Kinder, die Christen anspucken und anschreien – irgendjemand muss ihnen das beigebracht haben. Vielleicht gibt es eine junge Generation, etwa in den Siedlungen, die in einem extremistischen oder polarisierten Kontext aufgewachsen ist und keine Diversität kennt." Die Täter seien dabei zumeist dem ultraorthodoxen Judentum oder dem nationalreligiösen Spektrum zuzuordnen, wobei es auch von dort viele positive Reaktionen auf die Christen gebe, betonte der Patriarch.

Ob es eine Verbindung zur rechtsgerichteten Regierung gibt, die seit Anfang des Jahres im Amt ist, könne er nicht mit Sicherheit sagen, so Pizzaballa. "Aber es ist eine Tatsache, dass wir seit dem Amtsantritt der neuen Regierung eine deutliche Zunahme verzeichnen."

Über Situation der Christen sprechen

Einen Kontakt mit der christlichen Gemeinde auf politischer Ebene gibt es laut dem Erzbischof derzeit nicht. Pizzaballa appellierte deshalb an internationale Regierungen, mehr mit Israel über die Situation der Christen zu sprechen. "In den vergangenen zwanzig Jahren ist das Thema von der diplomatischen Agenda verschwunden."

Problematisch sei auch, dass die Zahl der Christen durch niedrige Geburtenraten und Auswanderungen sinke. Die christliche Gemeinschaft habe dadurch nicht mehr "die gleiche Sichtbarkeit und Stärke wie früher", erklärte Pizzaballa und fügte hinzu: "Wir werden nicht verschwinden."

Papst Franziskus hatte vergangenen Sonntag angekündigt, den Patriarchen im September ins Kardinalskollegium aufzunehmen. Der 58-Jährige würde dann nach derzeitigem Stand bei einem Konklave auch Papstwähler sein. Durch die Kardinalsernennung werde die Region gestärkt, sagte Pizzaballa am Donnerstagabend der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Wir wissen, dass Papst Franziskus sehr nah an den Peripherien und an Konfliktherden ist: Wir sind beides." (KNA)