Verklärungskathedrale in Odessa wurde bei Angriff schwer beschädigt

"Gesegnete" Rakete flog in Altar: Offener Brief an Patriarch Kyrill

Veröffentlicht am 24.07.2023 um 11:34 Uhr – Lesedauer: 

Odessa ‐ Die Bilder der schwer beschädigten Verklärungskathedrale in Odessa gehen um die Welt. Nun hat der Vikar von Odessa einen Brief an Moskaus Patriarchen Kyrill I. geschrieben – und klagt den Kirchenmann darin an.

  • Teilen:

Der orthodoxe Erzbischof von Artsyzsk und Vikar von Odessa, Victor, hat nach dem russischen Angriff auf die ukrainische Stadt am Schwarzen Meer und die Kathedrale dort deutliche Kritik am Moskauer Patriarchen Kyrill I. geübt. "Als ich heute nach Ende der Ausgangssperre in der Verklärungskathedrale von Odessa ankam und sah, dass die von Ihnen 'gesegnete' russische Rakete direkt in den Altar der Kirche im Allerheiligsten flog, wurde mir klar, dass die ukrainisch-orthodoxe Kirche mit Ihrem Verständnis schon lange nichts mehr gemein hat", schreibt er in einem Offenen Brief, der am Sonntag auf dem Telegram-Kanal des Elijas-Klosters veröffentlicht wurde. "Wegen persönlicher Ambitionen haben Sie die ukrainisch-orthodoxe Kirche und andere Kirchen in den Ländern des 'heiligen Russland' verloren!"

Bei einem russischen Raketenangriff auf Odessa war die Verklärungskathedrale schwer beschädigt worden. Sie gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Bei dem Angriff war ein Mensch getötet und 22 verletzt worden. Moskau bestreitet, für den Angriff auf die Kirche verantwortlich zu sein. Vermutlich habe eine ukrainische Luftabwehrrakete das Gebäude getroffen, hieß es in einer Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums.

Appell für den Frieden

In seinem Brief unterstreicht der Vikar die Entscheidung der ukrainisch-orthodoxen Kirche im vergangenen Jahr, sich vom Moskauer Patriarchat loszusagen. Er kritisiert weiterhin den "Krieg auf dem souveränen Territorium des ukrainischen Staates", bei dem die russische Armee "mit Ihrem persönlichen Segen Gräueltaten" verübe. "Zu meiner großen Enttäuschung haben Sie auf dem letzten Bischofstreffen in Moskau kein einziges Wort über die Notwendigkeit verloren, diesen Kainskrieg zu beenden. Stoppen Sie dieses Töten und die Zerstörung friedlicher Städte und Dörfer!", appelliert er. Am Sonntag feierten Gläubigen einen Gottesdienst vor der beschädigten Kathedrale

Der katholische Bischof von Odessa-Simferopol, Stanislaw Szyrokoradiuk, beklagte am Sonntag die Lage in der Stadt. "Dieser schreckliche Krieg ist ein diabolischer Krieg, dieser Hass ohne Grund. Diese totale Zerstörung, diese Ruinen und diese Lügen, totale Lügen. Das ist eine diabolische Sache", sagte er dem Kölner "Domradio". Man müsse deshalb viel beten, "weil wir Gottes Hilfe brauchen".

Die Verklärungskathedrale in Odessa stammt ursprünglich aus dem 19. Jahrhundert. Auf Anweisung Stalins wurde sie 1936 zerstört. Ab 1999 wurde sie aufwendig rekonstruiert. Geweiht wurde der Bau 2010 von Patriarch Kyrill. (cph)