Nach Bruch von Kirchenasyl: Protest gegen Abschiebung
Mehrere Asylverbände haben gegen die Abschiebung eines kurdischen Ehepaars aus dem Kirchenasyl in Nordrhein-Westfalen nach Polen protestiert. "Die Härte und Respektlosigkeit, mit der das Kirchenasyl geräumt und die beiden behandelt wurden, ist nicht zu rechtfertigen", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme am Montag. Dem Paar war vor drei Monaten in der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich/Hinsbeck an der niederländischen Grenze Kirchenasyl gewährt worden.
Die geplante Abschiebung wurde nun jedoch abgesagt. Es hätten sich Unklarheiten in der Bewertung des Falls ergeben, insbesondere in der Abstimmung mit dem Bundesland, teilte die zuständige Stadt Viersen am Montag mit. Die Eheleute werden demnach unmittelbar aus der Abschiebehaft entlassen. Da die Überstellungsfrist am Dienstag ablaufe, gehe das Asylverfahren nun auf die deutschen Behörden über. Damit sei der Haftgrund entfallen. Über das weitere Vorgehen entscheide das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Kirchenasyl birgt für Menschen eine Bleibeperspektive
Die Ausländerbehörde Viersen war Anfang Juli unangekündigt unter Vorlage eines Haftbefehles in die Räume der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich/Hinsbeck eingedrungen, um die Abschiebung durchzusetzen. PRO ASYL, das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW und die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche kritisierten das Vorgehen als "seit Jahren einzigartigen, brutalen Bruch des Kirchenasyls". Tom Brandt vom Ökumenischen Netzwerk Asyl in der Kirche NRW forderte, die Ausländerbehörde müsse umgehend wieder "zurück hinter die rote Linie des Kirchenasyls und die Überstellung der beiden sofort stoppen".
Aufgrund der psychischen Verfassung der Frau, die nach der Festnahme mehrere Male kollabierte, wurde die Abschiebung vorerst auf Dienstag verlegt. Elke Langer, Pfarrerin in Lobberich/Hinsbeck stelle die Abschiebung grundsätzlich in Frage: "Es wurde offensichtlich völlig außer Acht gelassen, dass das Paar bereits schwer traumatisiert ist und Nahida wegen ihres schlechten psychischen Zustandes ohnehin schon in längerer psychiatrischer Behandlung war." Die Eheleute hätten an der belarussischen Grenze bereits Gewalt durch polnische Sicherheitsbeamte erlebt. In Polen drohe den Betroffenen nun nicht nur der Freiheitsentzug, sondern auch die Verweigerung rechtlicher und medizinischer Hilfe. "Dabei geht es nicht um einzelne Versäumnisse", erklärt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin der Menschenrechtsorganisation PRO ASYL. Sie wirft der polnischen Regierung "systematische Verstöße gegen das Europa- und Völkerrecht" vor.
In NRW stehen derzeit 140 Menschen unter dem Schutz des Kirchenasyls. Bundesweit sind es 425. In den meisten Fällen ergibt sich für die Geflüchteten im Kirchenasyl eine Bleibeperspektive in Deutschland. (lfe/KNA)
24.07., 18 Uhr: aktualisiert um Informationen zur Absage der Abschiebung. /rom