Leiterin von Autobahnkirche: Menschen haben Sehnsucht nach Glauben
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Manuela Strohofer ist die Leiterin der privaten ökumenischen Autobahnkirche "Licht auf unserem Weg" in Geiselwind. Gerade jetzt, wenn in den Sommerferien viele Reisende auf der Autobahn unterwegs sind, sieht sie die Aufgabe des von ihr finanzierten Gotteshauses darin, eine "Tankstelle für die Seele" zu sein. Im Interview, das einen Ausschnitt aus dem "Himmelklar"-Podcast wiedergibt, spricht sie auch über ihren eigenen Lebensweg.
Frage: Sie trifft man auf einem der größten Rasthöfe Europas an. Ist das jetzt in der Sommerferienzeit etwas anderes für Sie als im restlichen Jahr?
Strohofer: In der Ferienzeit ist natürlich auch auf der Autobahn eine höhere Frequenz und ein höherer Verkehr zu verzeichnen als zu den anderen Jahreszeiten. Gerade auch in der Urlaubszeit, wenn der Verkehr überall so groß ist und es so viele Baustellen und so viele Staus gibt, gerade dann brauchen die Menschen auch eine Tankstelle für die Seele. Eine Oase der Ruhe, die ist dann auch wichtiger denn je.
Wir Menschen erleben, wenn wir unterwegs sind, doch auch gefährliche Situationen, vielleicht auch mal eine Schocksituation, einen Unfall, vielleicht sogar mit Toten oder Schwerverletzten. Wir erleben Stress oder auch Termindruck, weil wir noch den Flug erwischen müssen oder den Zug, was sich ja oft auch in aggressivem und manchmal auch in rücksichtslosem Verhalten im Straßenverkehr äußern kann.
Die jährlichen Statistiken vom Bundesverkehrsministerium berichten über Tausende Verkehrstote und über Hunderttausende Verletzte. Dann sind alle Autobahnkirchen oder eigentlich alle offenen Kirchen am Wegesrand eine Anlaufstelle, um Ruhe, Gelassenheit und neue Kraft und vor allem Segen zu tanken. Auch wenn wir Krankheiten, Schicksalsschläge oder den Verlust eines geliebten Menschen verarbeiten müssen, dann sind die Autobahnkirchen mit ihren Anliegenbüchern wichtig, wo wir uns alles von der Seele schreiben können. All das nehmen wir auch immer mit hinein in unsere Gebete und Gottesdienste. Darum ist auch in der Reisezeit so eine Autobahnkirche sehr wichtig für die Seele eines Menschen.
Frage: Sie sind Wortgottesdienstleiterin, feiern also auch in der Autobahnkirche Gottesdienste. Manche sind sogar sehr groß, zum Beispiel zu Pfingsten oder auch Anfang August gibt es für Trucker und für Biker speziell riesige Events mit mehreren Tausend Gästen. Warum betreiben Sie privat eine Kirche, wenn doch so viele Menschen aus der Kirche austreten?
Strohofer: Da ist vielleicht auch wichtig, dass der Glaube so wichtig ist. Die Menschen haben alle eine große Sehnsucht nach Religiosität und Spiritualität, auch wenn sie vermehrt austreten. Wenn sie nicht in die Kirche gehen, selbst wenn sie vielleicht keinen Bezug zu irgendeinem Gott haben, diese Sehnsucht ist in jedem Menschen da. Darum ist es wichtig, dass wir die Menschen durch unsere Angebote darauf aufmerksam machen, wie wichtig und wie schön es ist, glauben zu können.
Auch wenn der heilige Antonius gesagt hat, glauben zu können, ist eine Gnade. Wir müssen uns einfach einlassen. Wir können leider unseren Glauben nicht einfach überstülpen auf unsere Kinder und Kindeskinder, aber wir können es vorleben. Wir können Vorbild sein. Meine Kinder wissen schon, dass ich "Jesus zum Frühstück frühstücke", nicht den Clown, sondern Jesus. Auch Martin Luther hat gesagt, Glauben ist tiefes Vertrauen in sich selbst und in Gott. Und wer einen Glauben hat, kann seine Kraft verzehnfachen. Das ist wirklich so, bei all der Fülle an Aufgaben, die wir alle jeden Tag zu meistern haben. Das sagt Gustave Le Bon.
Der Glaube versetzt auch heute noch Berge. Der Glaube bringt auch heute wundersame Heilungen und großartige Dinge in unser Leben und in die Welt. Wir müssen nur eines tun: Wir müssen unsere Herzenstür, unseren Raum, der da ist, öffnen für Gott – und müssen ihn hineinlassen zu uns. Er drängt sich nicht auf. Nein, Gott ist ein Gentleman. Er wartet geduldig, bis wir so weit sind und ihm unsere Herzenstür öffnen. Und dann werden wir das Wunderbare erleben, das im Psalm 73 steht: Gott nahe zu sein, ist mein Glück. Das ist es, was wir unbedingt den Menschen, den vielen heimatlosen und auch gottlosen Menschen näherbringen müssen. Da, wo Gott uns hingestellt hat, auf jeden Fall.
Wir haben die Kirche zu unserem 20. Firmenjubiläum im Jahr 2001 eingeweiht und ökumenisch gesegnet – aus Freude und Dankbarkeit, dass Gott immer für uns Menschen da ist, in guten wie in schlechten Zeiten. Diese Freude möchten wir gerne teilen mit den Menschen, die hier herkommen. Und es kommen viele Menschen hierher. Ich habe damals unserem emeritierten Erzbischof Dr. Karl Braun gesagt: Wir sind keine Kapelle, wir sind eine Kirche, weil wir auch einen Auftrag mit dieser Kirche verspüren, nämlich die beste Botschaft der Welt, Gottes Wort, dahin zu bringen, wo viele Menschen sind.
Damals, vor 23 Jahren, habe ich schon gesagt: Wir können nicht warten, dass die Menschen zu uns in die Kirche kommen. Jetzt sowieso, wo immer mehr austreten. Wir müssen mit Gottes Wort da hingehen, wo viele Menschen sind. Darum feiere ich auch bei dem großen Fest mit vielen zigtausend Besuchern diese großen Gottesdienste, damit die Menschen wenigstens einmal im Jahr Gottes Wort und seinen Segen tanken können. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Frage: Also nicht nur die Fahrzeuge tanken bei Ihnen, sondern auch die menschlichen Seelen dürfen dann ein bisschen auftanken. Sie feiern in der Kirche auch Hochzeiten und halten Reden zum Beispiel bei freien Trauungen. Ist das Ihre Berufung, Frau Strohofer?
Strohofer: Wenn ich ehrlich bin, ja. Wenn die Menschen mich fragen, wie ich zu meinem Glauben kam, dann erzähle ich ihnen immer: Ich bin eigentlich schon so auf die Welt gekommen, mit so einem großen Glauben, mit so einer großen Liebe für Gott und Jesus Christus im Herzen. Das hat sich so gezeigt, dass ich schon seit ich zurückdenken kann, als Kind jeden Tag mit meiner Großmutter selig in die Heilige Messe gegangen bin. Ich bin katholisch getauft. Wir haben dann in den Rosenkranzmonaten erst einen Rosenkranz gebetet und anschließend die Heilige Messe. Ich glaube, das war auch der Grund, warum unser damaliger Pfarrer Willi Durmann mich mit fünf Jahren zur Frühkommunion gehen ließ. Das war für mich eine große Freude, so ein Segen. Dann wollte ich als Mädchen immer ministrieren. Das durften wir damals nicht als Mädchen. Das war ganz schlimm für mich.
Ich habe dann in unserer Pfarrei im Pfarrgemeinderat viele Jahre mitgearbeitet, habe da ein Krippenspiel gestaltet, die Kinderschola gemacht und Kinder-, Jugend- und Familiengottesdienste gestaltet, weil es das alles damals noch nicht gab, um einfach die Kinder besser zu integrieren und den Kindern und Jugendlichen in kindgerechter Sprache auch von Gott und seiner großen Liebe zu erzählen. Dann bin ich von unserem Pfarrgemeinderat und dem damaligen Herrn Pfarrer beauftragt worden, eine Wortgottesdienstleiter-Ausbildung zu machen. Das habe ich dann auch zwei Jahre gemacht. Ich bin im Jahr 2000 von unserem Weihbischof dazu gesegnet und beauftragt worden und darf seitdem Wortgottesdienste feiern. Taufen darf ich nicht, Segensgottesdienste darf ich in unserem ganzen Pfarrverband, in unserem Seelsorgebereich Maria im Dreifrankenland feiern.
Ich hätte auch eigentlich gerne Theologie studiert. Ich habe auch schon meine Uni ausgesucht nach dem Abitur. Aber damals, eine Woche vor der Zeugnisausgabe, ist mein Bruder Anton tödlich verunglückt. Er war der große Hoffnungsträger für unseren Betrieb, den wir nicht lange eröffnet hatten. Da haben mich meine Eltern gebeten, ob ich nicht erst eine Lehre machen könnte bei uns. Ich könnte dann immer noch studieren. Dann habe ich eine Lehre als Köchin gemacht, war damals die beste Köchin in Unterfranken. Ja, ich bin auch manchmal ein Angeber. Und dann bin ich fünfmal Mutter geworden, habe geheiratet und konnte nicht mehr studieren.
Ich habe aber im Fernstudium begonnen zu studieren, das war aber zur Unzeit. Irgendwie habe ich das Gefühl gehabt, ich komme eher von meinem Glauben weg, als dass ich weiter hineinsteige, sodass ich es wieder abgebrochen habe. Ich habe die Bibel für mich studiert, zusammen mit meinem Freund und Mentor Pater Anselm Grün hier in unserer Nachbarschaft aus Münsterschwarzach. Ich habe alle seine Schriften studiert und bin immer weiter und tiefer in das Geheimnis des Glaubens hineingekommen. Mein großes Ziel und mein Wunsch ist vielleicht, dass ich als Rentnerin dann doch noch mal an die Uni gehe und Theologie studiere.
Frage: 2001 wurde Ihre Autobahnkirche ökumenisch geweiht. Ihr Vater hatte sie unübersehbar mit dem 30 Meter großen Turm mitten in das Eventzentrum gebaut. Bis dahin war ein langer Weg – Sie finanzieren die Kirche privat, nicht durch Kirchensteuern. Sie ist ein Rückzugsort, auch für Sie selbst?
Strohofer: Ja, auch für mich. Ich bin jeden Tag da, um nach dem Rechten zu schauen und um einfach auch für mich selbst Kraft zu holen. Auch oft um viel zu beten für Menschen, die mich anrufen: Ich soll eine Kerze anzünden oder ich soll für sie beten. Sie haben eine Operation oder sie sind krank oder was auch immer. Das muss ich viel machen. Das mache ich auch ganz gerne, für die Menschen zu beten und für die Menschen da zu sein.
Auch unsere Mitarbeiter, das sind 150 Mitarbeiter in allen Abteilungen, haben die Möglichkeit, ihre Pausen in der Autobahnkirche zu verbringen oder draußen auf den Wellnessliegen am Engelweg. Der ist jetzt neu, um auch die Menschen zu erreichen, die nicht mehr in die Kirche gehen. Die können in Gottes schöner Natur spazieren gehen und sich da vielleicht auf unserem Engelweg von einem der Engel mit Gottes Wort und einer wunderschönen Meditation berühren lassen. Und vielleicht kommen sie durch ihn wieder zurück zu Gott.
Frage: Wie kommt es, dass bei Ihnen vieles auch durch die Communauté in Taizé, die Brüdergemeinschaft, die in Frankreich ökumenisch zusammenlebt, geprägt ist?
Strohofer: Das kommt daher, dass ich eine ganz große Liebe zu Taizé empfinde. Ich war viele Male als Jugendliche da gewesen und habe dann auch damals, 1980, meine Facharbeit in dem Fach Französisch über die Kommunität in Taizé geschrieben. Ich konnte auch mit dem Prior Frère Roger Schutz sprechen, der so tragisch ums Leben kam, der im August 2005 während eines Gottesdienstes ermordet wurde. Mit ihm konnte ich sprechen, und er sagte auch damals zu mir ein Wort. Das Zitat ist sogar in unserem Gotteslob zu finden: Versuche das Wenige, das du vom Evangelium verstanden hast, zu realisieren. Das Wenige, nur kleine Schritte in die richtige Richtung, nur kleine Schritte des Friedens, der Liebe und der Versöhnung.
Darum habe ich gedacht, müssen wir auch so eine Art Versöhnungskirche bei uns bauen. Eine ökumenisch geprägte Kirche. Taizé spielt also eine große Rolle. Ich habe dann auch meine Facharbeit noch mal geholt nach über 20 Jahren von meinem Französischlehrer und habe noch mal nachgelesen, was ich da überhaupt geschrieben habe. Da habe ich im Schlusswort geschrieben: Wir müssen wirklich versuchen, Schritte der Ökumene zu gehen, das Verbindende zu suchen. In unserem Dorf, in unserer Umgebung, in den Familien, in der ganzen Welt müssen wir immer das Verbindende suchen, nie das Trennende. Darum ist diese Kirche dann auch tatsächlich ökumenisch gesegnet worden durch den großen Einfluss von der Kommunität in Taizé.