Neues Magazin "hintergründiger und weniger aktuell"

Warum 14 Bistumszeitungen künftig auf Kooperation setzen

Veröffentlicht am 10.08.2023 um 00:01 Uhr – Von Roland Juchem und Christoph Renzikowski (KNA) – Lesedauer: 

München/Osnabrück ‐ Es ist ein Paukenschlag für die kirchliche Presselandschaft: 14 Bistumszeitungen stellen ihre bisherige Erscheinungsweise ein und bringen ein neues Magazin heraus. Die meisten Titel bleiben bestehen, doch Format, Umfang und Inhalt ändern sich.

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Seit Jahrzehnten sinkt die Auflage der sogenannten Kirchengebietspresse, wozu katholischerseits vor allem die Bistumszeitungen zählen. Parallel dazu gab es - neben internen Reformen einzelner Verlage und Redaktionen - immer wieder Mahnungen zu mehr Kooperation unter den Häusern. Wie auch vereinzelte Anläufe dazu.

Neben der deutschen Kleinstaaterei unter den Diözesen - die erst in den letzten Jahren zu mehr Kooperation etwa in der Ausbildung von Seelsorgern fanden - waren es vor allem Befürchtungen in Redaktionen, von einem größeren Partner oder einer Mantelredaktion vereinnahmt zu werden. Strukturelle Unterschiede bei Verlagshäusern, Druckereien und Vertriebswegen standen Kooperationsbemühungen hier und da ebenso im Weg wie die durch den jeweiligen Herausgeberbischof ermöglichte redaktionelle Ausrichtung.

Ein erstes größeres Kooperationsprojekt bildete sich unter den kleineren Kirchenzeitungen der Diaspora: in Osnabrück, Hildesheim und Hamburg. Hinzu kamen der schon in der DDR vertriebene "Tag des Herrn" in Leipzig sowie später die Wochenzeitungen für die Diözesen Fulda, Limburg und Mainz. Die daraus entstandene Verlagsgruppe Bistumspresse produzierte einen überregionalen Mantelteil, die für Bistümer wichtige regionale Berichterstattung lag bei den Redaktionen vor Ort.

14 der 27 deutschen Diözesen bei Kooperation dabei

2004 schloss sich Aachen der Kooperation an und erhielt aus Osnabrück produzierte überregionale Seiten - sogar in einem anderen Format. Noch später wurde Speyer Kunde. Diese beiden Blätter schließen sich dem neuen Kooperationsprojekt eines 14-täglich erscheinenden Magazins nicht an, erhalten aber weiter ihr Kontingent an Seiten aus Osnabrück, wie der dortige Verlagsleiter und Chefredakteur Ulrich Waschki der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigt.

Die neue Kooperation umfasst neben den Diözesen der Verlagsgruppe, Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Fulda, Görlitz, Hamburg, Hildesheim, Limburg, Magdeburg, Mainz und Osnabrück, neu die Erzbistümer München-Freising und Paderborn sowie Würzburg. Insgesamt gibt es in Deutschland 27 katholische Bistümer.

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Das neue Heft solle, so Waschki, von der Machart "dicker und hochwertiger", im Inhalt "hintergründiger und weniger aktuell" sein. "Die so entstehende Aktualitätslücke wollen wir selber mit unserem neuen Internetauftritt schließen." Das Layout des neuen Magazins erstellte die Grafikabteilung der Osnabrücker Dom Medien GmbH mit Bordmitteln.

Gedruckt wird das Magazin künftig bei der Bonifatius GmbH in Paderborn. Deren Geschäftsführer Ralf Markmeier ist neben Waschki und dem Geschäftsführer des Münchner Sankt Michaelsbundes, Stefan Eß, einer der Architekten der Kooperation. Man bündle die jeweiligen Stärken und könne trotz zurückgehender Einnahmen den Fokus auf das legen, was Leser vor Ort interessiert, so Markmeier.

Wirtschaftliche Gründe für Zusammenschluss

Wesentlicher Grund für die Zusammenarbeit der meist zuschussbedürftigen Zeitungen sind wirtschaftliche Einsparungen. Gleichzeitig wolle man "konstruktiven Qualitäts-Journalismus betreiben, der lösungsorientiert die Fragen der heutigen Zeit behandelt und den Anspruch hat, Brücken zu bauen", hieß es in der Mitteilung der beteiligten Verlage.

Kündigungen sind dem Vernehmen nach nicht geplant; Reduzierungen soll es allenfalls durch natürliche Fluktuation - Rente oder Fortgang - geben. Stand heute haben die beteiligten Zeitungen rund 85.000 zahlende Kunden. Die Hoffnung in Verlagen und Redaktionen ist, dass dies mit dem neuen Magazin so bleibt.

Neben dem Druck in Paderborn sind zudem vereinbart: ein gemeinsames Redaktionssystem und eine gemeinsame Produktion der überregionalen Inhalte in der Osnabrücker Zentralredaktion. Überregionales soll mit gut 32 Seiten etwa die Hälfte des Gesamtumfangs ausmachen. Die Regionalredaktionen könnten ihre Kräfte dann auf lokale und regionale Inhalte konzentrieren, heißt es. Außerdem würden so Kapazitäten für mehr digitale Angebote frei.

Drei Zeitungen auf einem Tisch.
Bild: ©Julia Steinbrecht/KNA

Schon früher gab es Kooperationen zwischen den Kirchenzeitungen unterschiedlicher Bistümer, wie etwa unter den Blättern "Bonifatiusbote", "Der Sonntag" und "Glaube und Leben".

Das neue Redaktionssystem soll es den einzelnen Redaktionen ermöglichen, jederzeit einzusehen, was die Zentralredaktion auf den überregionalen Seiten plant. Die Angst, trotz Planung "aus Osnabrück etwas vorgesetzt zu bekommen", was man selber anders machen wollte, ließ bisher Redaktionen zögern, sich einer Kooperation anzuschließen.

Der Direktor des Münchner Medienhauses Sankt Michaelsbund, Stefan Eß, sagte der KNA, die Zusammenarbeit sei zunächst für drei Jahre vereinbart worden. Es gebe aber "die klare Vision, dass es dann weitergeht und mit der Zeit weitere Partner dazukommen". Die "Münchner Kirchenzeitung" will sich als Magazin "innehalten" nennen. Der Untertitel sei noch offen.

Köln kein Kooperationspartner

Begonnen hatten erste Gespräche für eine mögliche Kooperation vor knapp einem Jahr. Dabei waren dem Vernehmen nach auch die Bistumszeitungen für Freiburg (Auflage 28.500) und Münster (Aufl. 26.000) angesprochen. Diese hätten sich aber entschieden, erst einmal allein weiterzumachen. Was in ein paar Jahren ist, müsse sich zeigen. Das Würzburger Sonntagsblatt, wo 2024 Chefredakteur Wolfgang Bullin in Ruhestand geht, schloss sich der neuen Kooperation relativ kurzfristig an.

In Frage kämen auch die Trierer Bistumzeitung "Paulinus" (11.300) und das "Katholische Sonntagsblatt" (22.900) in Rottenburg-Stuttgart. Nach dem angekündigten Aus der Eichstätter Kirchenzeitung (8.400) hatten Osnabrück und Verlage in Nachbardiözesen dem Bistum Eichstätt Alternativen angeboten. Dazu ist aber bisher keine Entscheidung bekannt. Abwartend verhält sich vorerst auch das "Heinrichsblatt" (14.400) in Bamberg, das sich bisher mit Würzburg und auch Eichstätt einige Seiten teilte.

Die Kölner Kirchenzeitung (15.200), so ist vielerorts zu hören, kann sich wegen der Unruhen im dortigen Erzbistum derzeit niemand als Kooperationspartner vorstellen. Die kirchenpolitisch mitunter brisante Frage der Herausgeberschaft der einzelnen Blätter - traditionell ist dies der Ortsbischof, teilweise auch Generalvikar oder Pressesprecher - wird durch die Kooperation der 14 Partner vorerst nicht tangiert.

Von Roland Juchem und Christoph Renzikowski (KNA)