Hand aufs Herz: Sehen wir in jedem Menschen Christus?
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In regelmäßigen Abständen erreichen uns tragische und beklemmende Bilder aus Afghanistan. Nachdem die NATO sich nach über 20 Jahren aus Afghanistan zurückzog, ergriffen innerhalb kürzester Zeit die Taliban wieder die Macht. Insbesondere für die Frauen und Mädchen hat sich seitdem die Situation drastisch verschlechtert. Mädchen werden ab der 7. Klasse von Schulen ausgeschlossen, Frauen dürfen nicht studieren und werden ins Haus verbannt. Proteste von Frauen werden mit Gewalt unterdrückt.
Aktuell sprechen Hilfsorganisationen von einer prekären humanitären Lage. Überraschend ist dies nicht, stehen die Taliban doch für ein patriarchales Machtsystem. Demokratie und Freiheit sind, wenn überhaupt, nur für eingeschränkte Personengruppen vorhanden. Doch die Entrüstung über die Lage der Frauen in diesem und anderen Ländern ebbt allmählich ab. Wir gewöhnen uns daran und widmen uns anderen Themen.
Eine Gesellschaft misst sich daran, wie sie mit marginalisierten Gruppen umgeht. Frauen und Mädchen zählen, nicht nur in Afghanistan, häufig zu ihnen. Ein kurzer Schwenk in den Iran zeigt: Auch hier haben weibliche Personen einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft. Der Blick in die Bibel offenbart, dass dieses Menschenbild nicht kompatibel mit unserem christlichen Glauben ist (vgl. Gal 3,28).
Aktuell wird auch die Flüchtlingssituation sehr kontrovers diskutiert. Täglich sterben Menschen im Mittelmeer und auf den Flüchtlingsrouten oder sitzen in Lagern fest. Auch an diese Nachrichten haben wir uns gewöhnt. Mitleid mit den Betroffenen weicht der Sorge um die eigenen Lebensbedingungen. Daher muss die Frage erlaubt sein: Wo zeigt sich unser Christsein im Alltag?
Gestalten wir unser Leben und unsere Einrichtungen und Organisationen lebensbejahend? Spielt es eine Rolle, welche Nationalität, Beruf oder Geschlecht eine Person hat? Versuchen wir offen mit allen Menschen ins Gespräch zu kommen? Sehen wir in jedem Menschen Christus? Oder ist das Narrativ vom christlichen Abendland nur eine Fiktion?
Jede und jeder von uns kann Gesellschaft gestalten und trägt damit auch Verantwortung für die Welt, in der wir leben. Ich wünsche mir, dass diese Verantwortung in unserem Handeln sichtbar wird.
Die Autorin
Friederike Frücht leitet die Abteilung Kommunikation der kfd und ist Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift Junia.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.