Als Geistlicher ausgegeben und Geld gestohlen

Rechtskräftig: Falscher Priester muss ins Gefängnis

Veröffentlicht am 22.08.2023 um 12:56 Uhr – Lesedauer: 

Stuttgart ‐ Für einen jungen Mann endet ein Wochenende als angeblicher Priester im Gefängnis – doch nicht nur deshalb: Eine ganze Palette an Straftatbeständen hat er sich zuschulden kommen lassen. Das Urteil ist nun verfügbar – und verrät seine kriminelle Vorgeschichte.

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Das Urteil gegen einen jungen Mann, der sich im Bistum Rottenburg-Stuttgart als Priester ausgegeben hat, ist rechtskräftig. Nachdem der Angeklagte ursprünglich Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart eingelegt hatte, teilte ein Sprecher des Amtsgerichts nun auf Anfrage mit, dass der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft das Urteil akzeptiert haben. Der zur Tatzeit 22-Jährige wurde Mitte Juli wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen sowie wegen Diebstahls, Computerbetrugs in elf Fällen und Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung verurteilt. Er befindet sich aufgrund einer anderen Verurteilung bereits in Strafhaft, außerdem ist im Zusammenhang mit weiteren Verfahren Untersuchungshaft angeordnet, wie aus dem Urteil hervorgeht, das katholisch.de vorliegt.

Trotz eines vollumfänglichen Geständnisses konnte das Gericht die Strafe aufgrund der Vorstrafen und des schwerwiegenden Vertrauensmissbrauchs gegenüber der Kirchengemeinde nicht zur Bewährung aussetzen. Vorstrafen bestehen unter anderem wegen gewerbsmäßigem Betrug in 27 Fällen. In die Gesamtfreiheitsstrafe floss eine Einzelstrafe von fünf Monaten Freiheitsstrafe für den Titelmissbrauch ein, weitere 13 Taten wurden mit Einzelstrafen zwischen 4 und 10 Monaten geahndet.

Vier simulierte Eucharistiefeiern und eine Taufe

Das Urteil führt aus, dass der Angeklagte im Juli 2022 an einem Wochenende von Freitag bis Sonntag in drei Gemeinden der Seelsorgeeinheit Winnenden-Schwaikheim-Leutenbach vier Mal Eucharistiefeiern simuliert und am Sonntag eine Taufe vorgenommen hat. "Dabei trug er jeweils den kirchlichen Talar, das Messgewand und den Rauchmantel. Er führte durch die Liturgie und sprach die Wandlungsworte. Dabei war ihm bewusst, dass er nie zum katholischen Priester geweiht worden war", führt das Urteil aus. Mit einer der Gemeinde gestohlenen Girokarte hob er Geld ab und bezahlte in Corona-Teststationen, Banken, Geschäften, Apotheken und Tankstellen. Insgesamt belastete er das Pfarreikonto um gut 5.500 Euro. Bislang wurden der Gemeinde aus beim Täter gefundenen Bargeldbeständen davon knapp 2.100 Euro zurückerstattet. Später lieh er sich bei einer weiteren Person 1.000 Euro. "Der Angeklagte handelte jeweils in der Absicht, sich durch die fortgesetzte Begehung von Betrug und Computerbetrug eine wiederkehrende Einnahmequelle von nicht unerheblichem Umfang zu verschaffen", erläutert das Urteil.

Im vergangenen August hatte zuerst das Bistum Speyer vor dem jungen Mann gewarnt, der aus der Diözese stammt. Kurz darauf wurde bekannt, dass er im Bistum Rottenburg-Stuttgart als angeblicher Priester aufgetreten war. Auch gemäß Kirchenrecht stehen Straftaten im Raum. Das kanonische Recht sieht für die Anmaßung eines Kirchenamts eine "gerechte Strafe" vor. Wer ohne Priesterweihe das eucharistische Opfer zu feiern versucht, zieht sich die Tatstrafe des Interdikts zu und darf damit keine Sakramente empfangen und keinen aktiven Anteil an Gottesdiensten und anderen Zeremonien haben. Je nach Schwere des Delikts können auch weitere Strafen bis hin zur Exkommunikation verhängt werden. Auf Anfrage teilte das Bistum Rottenburg-Stuttgart Ende Juli mit, dass der Vatikan wie vorgeschrieben über die Vorfälle informiert wurde und eine kanonische Voruntersuchung begonnen werde. (fxn)