Katholische Wochenzeitung begeht Jubiläum in Würzburg

"Die Tagespost" feiert 75. Geburtstag mit Gänswein und Woelki

Veröffentlicht am 09.09.2023 um 00:01 Uhr – Von Christoph Renzikowski (KNA) – Lesedauer: 

In seiner Diözese streiten sich die Geister über den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. In Würzburg ist er am Samstag ein Ehrengast. Die katholische Wochenzeitung "Die Tagespost" feiert 75. Geburtstag. Auch Erzbischof Georg Gänswein kommt.

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Die katholische Wochenzeitung "Die Tagespost" besteht seit 75 Jahren. Zur Jubiläumsfeier am Samstag in Würzburg sind prominente Gäste angekündigt, darunter der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und Erzbischof Georg Gänswein aus Freiburg, der einstige Privatsekretär des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. Erwartet wird auch Bischof Stanislaw Szyrokoradiuk aus dem ukrainischen Odessa, das anhaltend von russischen Raketen beschossen wird. Die Festrede soll Alexander von Schönburg, Kolumnist der Zeitung und Mitglied der "Bild"-Chefredaktion, beisteuern.

"Die Tagespost" ist nach eigenen Angaben die älteste unabhängige katholische Zeitung im deutschen Sprachraum. Seit August 1948 berichtet das im konservativen Spektrum verortete Blatt über Politik, Kultur, Gesellschaft und Kirche. Die verkaufte Auflage liegt seit vier Jahren stabil über 10.000 Stück.

Gründung als Familienunternehmen

Gegründet wurde "Die Tagespost" als Familienunternehmen von Johann Wilhelm Naumann in Augsburg. 1951 zog der Verlag nach Regensburg um. Vier Jahre später ging es weiter nach Würzburg, wo das Blatt bis heute seinen Sitz hat, während die Redakteure sich über halb Europa verteilen.

Chefredakteur ist seit 1. Juli 2021 der langjährige Rom-Korrespondent des Blattes, Guido Horst (67). Vor drei Jahren rief "Die Tagespost" mit Benedikt XVI. eine Stiftung zur Förderung katholischer Nachwuchsjournalisten ins Leben.

Im Herbst 2017 stand das Blatt kurz vor der Einstellung. In einer beispiellosen Rettungsaktion brachten Unterstützer daraufhin Spenden in sechsstelliger Höhe auf. Der Schwund der Auflage, die auf 8.500 Exemplare abgestürzt war, wurde gestoppt. Seither erscheint "Die Tagespost" in gedruckter Form nicht mehr dreimal pro Woche, sondern nur noch einmal. Das Online-Angebot wird häufiger aktualisiert. Alleininhaberin ist die 2010 gegründete Johann-Wilhelm-Naumann-Stiftung.

Johann Wilhelm Naumann
Bild: ©KNA-Bild/KNA

Julius Döpfner, Bischof von Würzburg, überreicht dem katholischen Publizisten Johann Wilhelm Naumann die Ordensinsignien des Päpstlichen Gregoriusordens im Mai 1956 in Würzburg.

Kirchenpolitisch definiert sich die Zeitung als papst- und romtreu. Inhaltlich steht sie oft im Widerspruch zur Mehrheit des deutschen Katholizismus. Dies gilt nicht nur für kirchenpolitische Reformwünsche, wie sie im Synodalen Weg in Deutschland von Bischöfen und Laien seit einigen Jahren diskutiert werden. Zuletzt zeigte sich die Zeitung auch distanziert gegenüber einzelnen Entscheidungen von Papst Franziskus. So fremdelte das Blatt mit der Reform der Personalprälatur "Opus Dei".

Kurz vor der Jahrtausendwende kam es zum Streit über die Frage, ob sich die katholische Kirche weiter an der staatlich geförderten Schwangerschaftskonfliktberatung in Deutschland beteiligen sollte. "Die Tagespost" bezog Position an der Seite des damaligen Papstes Johannes Paul II. und seines späteren Nachfolgers Joseph Ratzinger. Diese setzten sich schließlich mit ihrem Drängen auf einen Ausstieg aus dem Beratungssystem durch. Seither stellen kirchliche Stellen keine Bescheinigung mehr aus, die eine straffreie Abtreibung ermöglichen.

"Die Tagespost" versteht sich allerdings nicht als Kirchenzeitung, sondern als säkulares Medium mit einem breiteren Horizont an Themen. Zuletzt gab es große Interviews mit dem dezidiert nicht katholischen französischen Schriftsteller Michel Houellebecq oder etwa auch der Schauspielerin Sophie Rois. Neue Kinofilme und auch Serien von Streaming-Anbietern werden teils ausführlich rezensiert.

Tagespost und AfD

Politisch hat die Distanz zu den Unionsparteien zugenommen, insbesondere mit Blick auf die dort inzwischen mehrheitsfähigen Positionen zu Fragen des Lebensschutzes und der Familienpolitik. Eine schärfere Abgrenzung nimmt die Redaktion inzwischen zur AfD vor. Diese Partei habe sich mit ihrem national-völkischen Kurs und insbesondere ihrer EU-feindlichen Ausrichtung ins Abseits manövriert, betont Chefredakteur Horst.

Geschichte ist auch eine positive Sicht auf die russische Orthodoxie. In ihr sahen die Zeitungsmacher früher einen Verbündeten im Einsatz für die traditionelle Familie und andere konservative Werte angesichts des modernen Liberalismus. Vom ersten Tag an verurteilte "Die Tagespost" den Überfall Russlands auf die Ukraine.

Von Christoph Renzikowski (KNA)